Ankara/Wien – Knapp einen Monat nach dem Beginn der Offensive gegen die kurdische Untergrundarmee PKK hat die türkische Armee am Mittwoch ihre bisher schwersten Verluste erlitten. Acht Soldaten starben, als bei einer Patrouillenfahrt in der südöstlichen Provinz Siirt eine Bombe explodierte, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Der 50 Kilogramm schwere Sprengsatz sei ferngezündet worden, als die Patrouille mittags auf einer Straße im Distrikt Pervari fuhr.

Etwa zur selben Zeit stürmten zwei mit automatischen Gewehren Bewaffnete auf den Eingang des Dolmabahçe-Palasts in Istanbul los. Der Palast am Ufer des Bosporus dient als Amtssitz des türkischen Premiers in Istanbul. Ein Wachmann wurde leicht verletzt. Die Polizei sperrte den Boulevard vor dem Palast ab, eine Hauptverkehrsader der Stadt. Die mutmaßlichen Täter wurden bei einer Verfolgungsjagd nahe dem deutschen Generalkonsulat in Richtung Taksim-Platz angeschossen und gestellt.

Razzien in Istanbul

Nach den Schüssen ist die türkische Polizei mit Razzien gegen Linksextremisten vorgegangen. Mehrere Verdächtige seien am Donnerstag im Morgengrauen in zwei Bezirken im europäischen Teil Istanbuls festgenommen worden, meldete die Nachrichtenagentur Dogan.

Einen ähnlichen Angriff auf den Dolmabahçe-Palast verübte zuletzt ein Mitglied der linksextremen Terrorgruppe DHKP-C. Auch gegen sie sowie gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien richten sich die Ende Juli begonnenen Militäroperationen des türkischen Staats.

Händler aus Bursa bei IS

Der türkisch sprechende IS-Kommandant, der in einem am Dienstag verbreiteten Video auftrat, ist mittlerweile identifiziert worden. Es handle sich um einen 45 Jahre alten Händler aus Bursa, der mit seiner Frau und seinen drei Kindern nun im syrischen Rakka lebt, der Hochburg der Terrormiliz, meldeten türkische Medien. Auch die beiden Männer, die in dem Drohvideo an seiner Seite saßen, sollen Türken sein; der eine stammt angeblich aus Artvin an der Schwarzmeerküste, der andere aus Hatay im Südwesten der Türkei an der Grenze zu Syrien.

Die weiter regierende konservativ-islamische AKP von Staatschef Tayyip Erdogan bereitet sich derweil auf Neuwahlen im November vor. Für den 12. September ist ein Parteitag angesetzt, bei dem die Drei-Mandats-Regel fallen soll; bisher durften AKP-Minister und Abgeordnete nur drei Legislaturperioden hintereinander ein Mandat ausüben. Bei den Parlamentswahlen vergangenen Juni konnten deshalb rund 70 einflussreiche Politiker, darunter Wirtschaftsminister Ali Babacan und Energieminister Taner Yildiz, nicht mehr antreten. Die Minister sitzen aber nun ohnehin weiter im geschäftsführend amtierenden Kabinett. (Markus Bernath, 19.8.2015)