Wien – Berichte über einen Suizid sind aus medienethischer Sicht zwar grundsätzlich bedenklich, der Presserat hält die Berichterstattung im Fall des in der Haft gestorbenen Rakhat Aliyev in vier Online-Medien jedoch für "gerade noch zulässig". Der Senat stellte die Verfahren ein.

Der ehemalige kasachische Botschafter in Wien wurde am 24. Februar 2015 tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefunden. Der Senat 2 des Presserats beschäftigte sich aufgrund der Beschwerde einer Leserin in Folge mit Online-Artikeln über den mutmaßlichen Suizid Aliyevs auf "heute.at", "kleinezeitung.at", "vol.at" und "wienerzeitung.at". Die Artikeln enthielten eine wortgleiche Passage aus einer APA-Meldung, wonach es grundsätzlich nicht schwierig sei, sich mit einer Mullbinde zu erhängen. Außerdem wurde beschrieben, wie ein derartiger Suizid ablaufen kann.

Eine Leserin wandte sich daraufhin an den Presserat und kritisierte diese "Anleitung zum Suizid". Bei dem Artikel auf "vol.at" leitete der Senat auf eigene Initiative ein Verfahren ein. Die Russmedia Digital GmbH, die Wiener Zeitung GmbH und die Kleine Zeitung GmbH & Co KG rechtfertigten die Berichterstattung über den Suizid Aliyevs mit dem öffentlichen Interesse an dem Fall. Es bestände auch durchaus Zweifel daran, ob sich der frühere Botschafter tatsächlich in seiner Zelle selbst getötet hat.

"Ausnahmsweise gerechtfertigt"

Der Senat hielt grundsätzlich fest, dass es aus medienethischer Sicht bedenklich ist, einen Selbstmord derart detailliert zu schildern. In diesem Fall habe es sich jedoch um ein bedeutendes Ereignis gehandelt. Auch beschäftige die Causa die Öffentlichkeit und die Behörden bereits seit mehreren Jahren weit über Österreich hinaus. Eine genauere Schilderung des Suizidablaufs erschien dem Senat deshalb "ausnahmsweise gerechtfertigt". Die Berichte seien ein "Grenzfall" und aus medienethischer Sicht "gerade noch zulässig". Die Verfahren wurden eingestellt.

Bis auf die Medieninhaberin der Tageszeitung "Heute" haben sich die genannten Unternehmen der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserates unterworfen. (APA, 19.8.2015)