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Hält sich für den besseren Wiener Bürgermeister und Kanzler, nimmt es mit den Fakten aber nicht immer so genau: FPÖ-Chef Strache.

Foto: apa/hochmuth

Wien – Harte Forderungen, geschmeidiger als gewohnt im Ton: So versuchte sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Montagabend im ORF-"Sommergespräch" als besserer Wiener Bürgermeister und Kanzler in spe zu stilisieren. Dabei stellte der FPÖ-Chef wieder einmal unzählige Behauptungen auf, von denen der STANDARD einige einem Realitätscheck unterzogen hat.

  • Abschiebungen
    Konfrontiert mit seinem Ausspruch aus dem Jahr 2006, dass Asylwerber mit negativem Bescheid mit der Herkules des Bundesheeres in ihre Heimat zurückgebracht werden sollen (weil die Menschen "da schreien und sich anurinieren können"), erneuerte Strache sein Begehren, dass für ungehinderte Abschiebungen endlich eigene Flugzeuge herangezogen werden sollen.

    Fakt ist, dass von den tausenden Rückführungen jährlich (2013 waren es 8854, im Vorjahr 6.356 und im ersten Halbjahr 2015 exakt 2653) ohnehin eine Vielzahl in Koordination mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex mit eigenen Chartermaschinen abgewickelt wird. Einzelne Abschiebungen gibt es zwar auch mit Linienflugzeugen – "aber Beschwerden darüber von anderen Passagieren konnten wir in den letzten Jahren an einer Hand abzählen", erklärt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International. Anscheinend hätten die Behörden seit dem Fall Marcus Omofuma gelernt (der Nigerianer starb 1999 gefesselt und geknebelt auf einem Flug zwischen Wien und Sofia). Denn: Heute gibt es Rückführungen in Linienfliegern nur mehr, wenn bei den Betroffenen mithilfe der Schubhaftbetreuung Einsicht über den Entscheid hergestellt worden ist, weiß Patzelt.

    Dafür kritisiert er jedoch die schlechte Datenlage im Innenministerium, weil das Ressort keine Aufzeichnungen über abgebrochene Abschiebungen führt. Patzelt: "Das zeigt, wie erschreckend unprofessionell das System administriert wird, weil man aus jedem Misserfolg ja etwas lernen könnte."

  • Plebiszite gegen Asylunterkünfte
    Angesichts des anstehenden Durchgriffsrechts des Bundes zur Schaffung von Asylquartieren auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden drohte Strache mit einem Antrag auf Volksabstimmung zu der Angelegenheit und im selben Atemzug mit einem blauen Volksbegehren. Doch egal, für welches Plebiszit sich der FPÖ-Chef auch entscheidet: "Es kommt ein Nullum heraus", erklärt Parlamentsexperte Werner Zögernitz. Denn eine (bindende) Volksabstimmung zu Quartieren findet keine Mehrheit, wo sich Rot, Schwarz und Grün gerade zu einem entsprechenden Verfassungsgesetz durchgerungen haben.

    Wegen der Fristen würde ein Volksbegehren mit mehr als 100.000 Unterschriften frühestens im Mai vom Hohen Haus behandelt – und aufgrund der oben beschriebenen Kräfteverhältnisse wohl ebenfalls keine Konsequenzen haben. Und auch eine (nicht bindende) Volksbefragung, wie im rot-blauen Burgenland angedacht, kann nichts gegen das geplante Durchgriffsrecht ausrichten, weil: "Selbst bei einem entsprechenden Gesetz des Landtages hat das Verfassungsgesetz des Bundes Vorrang", so Zögernitz.

  • Steuervorteile
    "Die Gesetze der EU machen es möglich, dass Firmen aus osteuropäischen EU-Ländern Steuervorteile haben", beanstandete Strache außerdem. Das würde heimische Klein- und Mittelbetriebe benachteiligen. "Diese Aussage ist absolut unrichtig", stellt dazu Steuerexperte Werner Doralt fest. Es gebe keine Regelungen, die in Österreich tätige Unternehmen aus dem EU-Ausland begünstigen.

    Überhaupt sei Steuerrecht nationale Angelegenheit. Werden hierzulande Waren oder Dienstleistungen von ausländischen Unternehmern bezogen, kommt die österreichische Umsatzsteuer zur Anwendung. Vorteile gibt es nur für heimische Betriebe: Die Befreiung von der Umsatzsteuer für Kleinunternehmer (weniger als 30.000 Euro Jahresumsatz) beispielsweise gilt nur für solche, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben.

  • Bundespräsidentenkandidaten
    Zu einem möglichen FPÖ-Anwärter für die Hofburg-Wahl 2016 hielt Strache fest, dass seine Partei gern einen unabhängigen Kandidaten wie die frühere Hypo-Aufklärerin Irmgard Griss oder Rechnungshofpräsidenten Josef Moser unterstützen werde. Doch die winken beide ab. Sie habe trotz oftmalig ventilierter Gerüchte "nicht ernsthaft drüber nachgedacht" zu kandidieren, sagt Griss auf Anfrage. Und Moser will den Vorschlag erst gar nicht kommentieren, sondern verweist auf frühere – abschlägige – Stellungnahmen zum Thema. (nw, smo, sterk, 18.8.2015)