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Das neu entdeckte Enzym NicA2 weist ähnliche Eigenschaften wie der japanischen "Pac-Man" auf, bekannt aus dem Videospiel der 1980er-Jahre.

Foto: AP / Ken Aragaki

San Diego – Es dürfte sich schön langsam herumgesprochen haben: Zigaretteninhalationsrauchen ist ungesund. Ein Argument von vielen: Anfang des Jahres erschien im Fachmagazin "New England Journal of Medicine" eine Studie, in der nachgewiesen werden konnte, dass in der Alterskohorte der über 55-Jährigen die Sterberate unter Rauchern zwei- bis dreimal höher ist als unter Nichtrauchern.

Die Waffen im Kampf gegen den blauen Dunst sind ebenso vielfältig wie die Studien, die einen gesundheitsschädigenden Effekt des Tabakkonsum zeigen: Rauchverbote, einheitliche Verpackungen, Warnhinweise, Schockbilder. Daneben hat sich ein milliardenschwerer Markt für Entwöhnungshilfen etabliert: Hypnose, Akupunktur, Psychotherapie, E-Zigaretten oder Nikotinkaugummis. Andere wiederum versuchen es mit eisernem Willen und Selbstdisziplin.

Nikotin als Nahrung

Wissenschafter des Scripps-Forschungsinstituts in La Jolla, Kalifornien, haben nun eine gänzlich neue Strategie im Visier, um Entwöhnungswillige von ihrer Sucht zu befreien. Bereits seit über 30 Jahren versuchen sie im Labor ein Enzym zu züchten, das Nikotin abbaut. Nun scheinen die Chemiker fündig geworden zu sein: Allerdings nicht im Labor, sondern in der Natur.

Das sogenannte Enzym NicA2 entsteht durch das Bakterium Pseudomonas pudida, das in Böden von Tabakfeldern vorkommt und sich regelrecht von Nikotin ernährt. "Das Bakterium ist wie ein kleiner Pac-Man, der Nikotin frisst", sagt Studienleiter Kim Janda. Den Wissenschaftern zufolge braucht Pseudomonas pudida Nikotin, um Stickstoff zu erzeugen.

Die Idee des Forscherteams: Mithilfe des Enzyms NicA2 könnte eine Anti-Nikotin-Therapie entwickelt werden – als Alternative zu den bisher bekannten Methoden der Entwöhnung.

Erste Tests an Mäusen

Bislang wurde das bakterielle Enzym NicA2 allerdings nur an Mäusen getestet. Dabei verabreichten die Forscher den Tieren jene Menge Nikotin, die etwa einer Zigarette entspricht. Anschließend fügten sie das Enzym hinzu. Das Ergebnis: Anstatt der zwei bis drei Stunden, die das Nikotin normalerweise benötigt, um wieder abgebaut zu werden, verblieb es nur maximal 15 Minuten lang in der Blutbahn.

Laut Aussagen der Wissenschafter erzeugt das Enzym beim Nikotin-Abbau keine giftigen Neben- oder Abfallprodukte. Zudem erweist es sich als äußerst stabil: Im Labor hielt es sich bei etwa 37 Grad Celsius über drei Wochen lang. Auch im Blutserum der Mäuse arbeitete das Enzym einwandfrei.

Die "Wunschtherapie"

"Unsere Studie zeigt, dass das Enzym die richtigen Eigenschaften hat, um ein zuverlässiges Therapeutikum zu werden", ist Kim Janda überzeugt. Die Forscher wollen nun herausfinden, ob bei einer höheren Enzymdosis die Verweildauer des Nikotins im Körper so weit gesenkt werden kann, dass es die Hirn-Blut-Schranke erst gar nicht passiert.

Das bedeutet: Die Entwöhnungstherapie solle das Nikotin zerstören, noch bevor es im Gehirn ankommt. Damit bliebe auch die Reaktion des Belohnungszentrums im Gehirn aus, das üblicherweise auf die Abhängigkeit erzeugenden Substanzen reagiert. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik. (gueb, 19.8.2015)