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Grüße vom Wolf: Bahçeli macht das Zeichen der Nationalisten.

AP / Emrah Gurel

Ankara/Wien – Zum Lachen gibt es bei Devlet Bahçeli grundsätzlich nichts. Der 67-jährige, stets griesgrämig schauende Führer der rechtsgerichteten türkischen Nationalistenpartei MHP ließ am Montag Staatschef Tayyip Erdoğan und dessen Premier abblitzen. Beide drängen auf Neuwahlen, um das Ergebnis der Parlamentswahlen vom Juni zu korrigieren. Die Lira verlor weiter an Wert und lag bei 3,17 für einen Euro.

Knapp zweieinhalb Stunden lang versuchte der nur geschäftsführend amtierende Premier Ahmet Davutoğlu von der konservativ-religiösen AKP, den grimmigen Bahçeli umzustimmen. Davutoğlu wollte mit dem Rechtsnationalisten die Chancen für eine kurzlebige Minderheitsregierung oder für einen Selbstauflösungsbeschluss des Parlaments ausloten, um möglichst schnell Neuwahlen herbeizuführen. Bahçelis MHP soll dabei als Steigbügelhalter fungieren. Doch der lehnte alles ab. Gespräche über eine große Koalition zwischen AKP und den Sozialdemokraten waren vergangene Woche gescheitert.

Frist endet am Sonntag

Lächelnd, aber ratlos verkündete Davutoğlu am Abend das Ergebnis der Unterredung. Der Staatspräsident müsse nun über die nächsten Schritte entscheiden. Auch ob er sein Mandat für eine Regierungsbildung nun zurückgeben oder behalten werde, vermochte Davutoğlu nicht zu sagen. Am Sonntag läuft die Frist von 45 Tagen aus. In Ankara galt als unwahrscheinlich, dass Erdoğan – wie in Demokratien sonst üblich – das Mandat an den Chef der zweitstärksten Partei im Parlament, Kemal Kiliçdaroglu von der sozialdemokratischen CHP, weitergibt.

Bahçeli und die AKP teilen sich die große konservativ-nationale und fromme Wählerschaft in der Türkei. Die beiden Rivalen überbieten sich nun in politischen Angriffen auf die Kurden. Das ist aber auch die Basis für die stille Kooperation, die sich die AKP von den Nationalisten erhoffte. Bahçeli will jedoch weder eine Minderheitsregierung der AKP noch ein Übergangskabinett, wie es die Verfassung vorschreibt für den Fall, dass eine Regierungsbildung nach Wahlen misslingt.

An einer solchen Interimsregierung würden alle vier Parlamentsparteien beteiligt: neben der AKP, den Nationalisten und den Sozialdemokraten auch die Kurdenpartei HDP. Sie kam bei den Wahlen auf 80 Sitze, ebenso wie die MHP, und nahm Erdoğans AKP die Möglichkeit, weiter allein zu regieren.

Die Übergangsregierung könnte umgangen werden, wenn das Parlament mit Mehrheit einfach Neuwahlen beschließt. Dazu müssten sich Bahçelis Nationalisten bei der Abstimmung nur enthalten. Allerdings wollen sie nicht einmal die Einbringung eines solchen Antrags durch die AKP unterstützen. Ebenso wie Erdoğan wird das Scheitern einer Regierungsbildung nach den Juni-Wahlen der MHP angelastet. Bahçeli sperrte sich gegen ein Bündnis der Oppositionsparteien, die insgesamt 60 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereint hatten. (Markus Bernath, 17.8.2015)