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Vom Sanktionsstreit betroffene Lebensmittel landen zum Teil auf dem Mist oder werden verbrannt.

Foto: EPA / ROSSELKHOZNADZOR BRYANSK & SMOLENSK DEPARTMENT

Die russische Regierung hat das Importverbot für Lebensmittel auf fünf weitere Länder ausgeweitet. Ein entsprechender Regierungserlass von Premierminister Dmitri Medwedew ist am Freitag in Kraft getreten. "Zu den EU-Ländern, Australien, Kanada, Norwegen und den USA, aus denen der Import von Landwirtschaftsprodukten im August vergangenen Jahres verboten wurde, gesellen sich jetzt eine weitere Reihe von Ländern, nämlich Albanien, Island, Liechtenstein, Montenegro und mit gesonderten Bedingungen die Ukraine", erklärte Medwedew.

Hintergrund ist der Sanktionsstreit Russlands mit dem Westen. Die oben genannten Länder hatten sich laut der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini den Restriktionen gegenüber Russland angeschlossen. Medwedew ließ die Begründung, dass Partnerschaftsverträge mit der EU die Länder zu der Entscheidung bewogen hätten, nicht gelten: Andere Länder hätten ähnliche Verträge, ohne gegen Russland aktiv zu werden. "Die Beteiligung an den Sanktionen ist eine bewusste Wahl, die die Bereitschaft zu Gegenmaßnahmen von unserer Seite einschließt", sagte der russische Premierminister.

Keine unmittelbaren Folgen

Die unmittelbaren Folgen für die Lebensmittelpreise in Russland sind nicht hoch. Sofort in Kraft tritt nur das Einfuhrverbot gegenüber Albanien, Island, Liechtenstein und Montenegro, während die Ukraine Aufschub bis zum 1. Jänner 2016 erhält. Die vier Länder nehmen laut der Nachrichtenagentur RBK lediglich 1,5 Prozent des Lebensmittelmarkts in Russland ein.

Allerdings konnte Island in den vergangenen Monaten aufgrund geringer werdender Konkurrenz nach dem Ausschluss Norwegens bei den Fischlieferungen deutlich zulegen: Von den 259.400 Tonnen Fisch, die Russland von Jänner bis Mai importiert hat (minus 41 Prozent), stammen inzwischen 15 Prozent aus Island.

Problemfall Ukraine

Problematischer ist es mit der Ukraine, deren Lebensmittel immer noch einen größeren Marktanteil in Russland halten. Vor allem auf der Krim werden nach wie vor viele ukrainische Waren – teils geschmuggelt – verkauft. Allerdings versucht die russische Regierung in dem Fall offenbar zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Das Embargo werde in Kraft treten, sobald die Ukraine der im EU-Assoziationsabkommens festgelegten Freihandelszone beitrete, heißt es aus Moskau.

Der Kreml hatte sich stets gegen diese Freihandelszone ausgesprochen, da zwischen Moskau und Kiew bereits ein Freihandelsabkommen besteht und die russische Führung befürchtet, über die Ukraine mit EU-Waren überschwemmt zu werden. Wegen der russischen Bedenken wurde der wirtschaftliche Teil des Assoziationsabkommens bereits um ein Jahr verschoben. In der Zeit sollte eine für alle Seiten passende Lösung gefunden werden. Russland versucht mit der Androhung des Lebensmittelembargos Druck zu machen, um den Zeitpunkt wohl noch einmal zu verschieben.

Weißrussland größter Profiteur

Als besonders wirksam haben sich die russischen Lebensmittelsanktionen in der Vergangenheit nicht erwiesen: Weil immer noch europäische Lebensmittel in russischen Läden auftauchten, ordnete Präsident Wladimir Putin zuletzt sogar die öffentliche Vernichtung von Schmuggelwaren an.

Die meisten europäischen Lebensmittel gelangen aber weiterhin ganz legal nach Russland. Sie nehmen lediglich den Umweg über Weißrussland, wo sie meist nur neu verpackt werden und damit als im Land verarbeitet gelten. Weißrussland ist somit der größte Gewinner des Sanktionskriegs. (André Ballin aus Moskau, 14.8.2015)