Litvinov – Zwei Explosionen haben eine Chemiefabrik im Erzgebirge an der tschechisch-deutschen Grenze erschüttert und einen Großbrand ausgelöst. Die Feuerwehr rief die höchste Alarmstufe aus und zog Einsatzkräfte aus der gesamten Region zusammen. Nach fünf Stunden habe man die Lage in dem Werk in der Stadt Litvinov unter Kontrolle gebracht, sagte ein Feuerwehrsprecher am Donnerstag.

Zuvor hatten neue Explosionen gedroht. Die Polizei evakuierte das gesamte Werk und Häuser in einem Umkreis von einem Kilometer. Rund 1.000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht.

Augenzeugen berichteten der Agentur CTK von einem großen Flammenball über dem Werksgelände, gefolgt von dicken, schwarzen Rauchschwaden, die sich erst am Nachmittag legten. Der Rauch zog in Richtung der Erzgebirgsstadt Hora Svate Kateriny, rund 45 Kilometer südöstlich von Chemnitz.

Plastik und Flugasche

Bewohner der betroffenen Region klagten im tschechischen Fernsehen über einen Geruch nach verbranntem Plastik und Flugasche. Die Behörden riefen die Bevölkerung in angrenzenden Städten und Gemeinden auf, Fenster und Türen geschlossen zu halten und nicht ins Freie zu gehen.

Mindestens vier Feuerwehrleute kollabierten in der Hitze und wurden ärztlich behandelt. Ein Arbeiter erlitt bei der Explosion eine Trommelfellverletzung. Es gebe keine Informationen über weitere Verletzte oder Vermisste, teilte ein Firmensprecher mit. Der betroffene Betrieb gehört zum Petrochemie-Konzern Unipetrol.

Den tschechischen Behörden zufolge soll keine direkte Gesundheitsgefährdung drohen. "Die Stoffe, die in die Luft entwichen sind, sind nicht giftig, aber schädlich sind sie auf irgendeine Weise schon", sagte die Bürgermeisterin von Litvinov, Kamila Blahova. Der Präsident der Region Usti (Aussig), Oldrich Bubenicek, betonte: "Selbstverständlich ist es kein gewöhnliches Feuer, sondern ein Brand in einem großen Chemiewerk."

Kühlkreislauf ausgefallen

Nach ersten Erkenntnissen hatte sich brennbares Propen entzündet, nachdem ein Kühlkreislauf ausgefallen war. Am Donnerstag herrschten in Litvinov Temperaturen von bis zu 32 Grad Celsius. Zu dem Unfall kam es in einer Anlage, die Grundstoffe für die Kunststoffherstellung produziert. Austretendes Propen sei nicht giftig, könne aber bei den Einsatzkräften am Unglücksort zu Benommenheit und Bewusststeinstörungen führen, sagte ein Experte im Fernsehen.

Die Chemiestadt Litvinov in Nordböhmen hat rund 25.000 Einwohner. Die Straßenbahnverbindung zwischen Litvinov und dem benachbarten Most (Brüx) wurde wegen des Brandes eingestellt. Im Jahr 1996 war es in einem anderen Petrochemie-Betrieb in Litvinov zu einem Großbrand gekommen, der erst nach vier Tagen unter Kontrolle gebracht wurde. (APA, 13.8.2015)