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Die Innenrevision zerriss den Umgang mit "Strandgut" wie Salami und Sekt in der Luft.

Foto: APA/Neubauer

Wien – Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) befasst sich mit Bankenaufsicht, Geldpolitik und Finanzmarktstabilität, das ist bekannt. Dass in dem altehrwürdigen Bau am Wiener Otto-Wagner-Platz, genauer in dessen Poststelle ums Eck, ab und zu auch ess- und trinkbares "Strandgut" angeschwemmt und flugs verzehrt wurde, ist weniger bekannt – erschließt sich aber aus dem Bericht der OeNB-Innenrevisoren zu ihrer "Sonderrevision betreffend Diebstähle und Unterdrückungen von Postsendungen in der Poststelle" vom 21. Jänner 2013.

Zuvor war wie berichtet aufgeflogen, dass ein OeNB-Postler für Notenbanker gedachte Weihnachtsgeschenke behalten hatte. Am Ende der Geschichte standen ein Teil-Freispruch und eine Diversion; die Entlassung des Mannes ging nicht durch, er arbeitet unter Gehaltseinbußen weiter.

Filmbeweise

Die Innenrevision ging der Sache offenbar akribisch nach. Mithilfe von "Filmbeweisen" (ein Mitarbeiter hatte Schreibtisch, Papierkorb und Kuvert- und Verpackungsabfall aufgenommen) stellte sie eine Liste der Empfänger und Absender von neun nicht zugestellten Sendungen auf. Da ging es etwa um "Standard-Weihnachtspost" für einen IT-Mitarbeiter, dem ein Datenbankanbieter "Kekse und ein Putztuch mit Firmenlogo" hätte zukommen lassen wollen. Oder um Süßigkeiten einer EDV-Firma, die einer Notenbankerin laut deren Aussage üblicherweise "Weihnachtsgaben" wie "Zucker-Nikolausfiguren oder Werbetassen" zudachte.

Der Revisionsbericht lüftet auch das Geheimnis der OeNB-Elchsalami. Die zwei per Luftpolsterkuvert versandten Salamistangen kamen von einem schwedischen Finanzkonzern, der mit der Wurst aus dem (einst Elend genannten) nordischen Wiederkäuer einen OeNB-Treasurer beglücken wollte. Wie man das erfuhr? Der Notenbanker hatte bei seinem langjährigen Geschäftspartner, "der heuer im Gegensatz zu den Vorjahren keine Weihnachtssendung übermittelt habe, was er auf die verschärften Regelungen zur Geschenkannahme zurückführte" (Revisionsbericht) nachgefragt.

Abseits dessen brachten die Recherchen aber auch die Problematik des "Strandgutes" zutage. Laut einem Gruppenleiter sind damit Geschenke für bereits pensionierte oder verstorbene Exmitarbeiter gemeint. Da die "Rücksendung" von per Boten ins Haus Gebrachtem schwierig sei, könnten die Präsente "durchaus da bleiben und der Poststelle für deren Mühe zur Verfügung stehen", meinte er, der "Verbleib und Verzehr" in der Abteilung sei "eine lässliche Sünde".

Gestrandeter Sekt

Üblicherweise werde "das Strandgut gesammelt und gemeinsam verzehrt", etwa beim internen Heringsschmaus, wie ein weiterer Zeuge aufklärte. Manchmal würden "gestrandete Sektflaschen" auch "gegen eine Spende in die Kaffeekassa mit heimgenommen". Ein anderer Zeuge drückte das ganz trocken so aus: "Wein, der nicht zustellbar ist, weil die Empfänger schon länger in Pension sind, wird geöffnet und getrunken." Die Frage an den Poststellenmanager, ob er denn nie Zweifel an der Korrektheit seines "Abschöpfschemas" gehabt habe, verneinte selbiger übrigens. Und: "Ich habe diese Praxis von meinem Vorgänger übernommen."

Die Innenrevision jedenfalls zerriss die Usancen der OeNB-Postler in der Luft, die "gelebte Praxis bezüglich 'Strandgut'" sei "sofort" einzustellen, Regeln für solche Geschäftsfälle seien zu definieren. In der OeNB betont man, dass die Empfehlungen umgesetzt wurden. Was man zudem betont: Das Geldmuseum, von dessen Auflösung DER STANDARD berichtet hat, werde der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit "einverleibt". (Renate Graber, 13.8.2015)