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Computer, Scheren, Stifte, Fotoapparate: Die Welt ist meist rechts ausgerichtet, obwohl bis zu 15 Prozent der Menschen Linkshänder sind.

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Margit Rieger unterstützt umgelernte Linkshänder, ihr "System neu aufzusetzen". Die Rückschulung ist ein langer und schwieriger Prozess, der mindestens zwei Jahre dauert.

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Wien – Wer mit dem linken Fuß aufgestanden ist und zwei linke Hände hat, kann niemandem eine rechte Hand sein. Es ist nur rechtens, so eine linkische Person links liegenzulassen. Redewendungen zeigen, dass links und rechts mehr als neutrale Seitenangaben sind. Der Tag der Linkshänder am 13. August macht auf die Schwierigkeiten jener Menschen aufmerksam, die nicht in einer für sie ausgerichteten Welt leben.

Die angebundene Hand gibt es in Österreich zwar nicht mehr, Umschulen gilt als Körperverletzung. Trotzdem lernen einige Kinder noch heute nicht mit ihrer natürlich dominanten Hand zu schreiben, sagt Linkshänderberaterin Margit Rieger. Sie hilft Erwachsenen und Kindern, die auf die "falsche Seite" geraten sind.

Laut Schätzungen gibt es zehn bis 15 Prozent aktive Linkshänder. Experten wie die deutsche Psychologin Johanna Barbara Sattler schätzen, dass die Zahl weitaus höher sein könnte. "Besonders unsichere Kinder passen sich an oder ahmen ihre Umwelt nach", erklärt Rieger.

Der kritische Punkt ist der Eintritt in den Kindergarten. "Das fängt damit an, dass der Tisch für Rechtshänder gedeckt wird. Hier sind die Pädagogen gefragt, flexibler damit umzugehen und das Besteck etwa mittig hinzulegen", sagt Rieger. Spitzer und Scheren sollten in beiden Varianten vorhanden sein. Beim Schreibenlernen hilft es, das Blatt nach rechts zu drehen. Dadurch kommt es nicht zur Hakenhaltung im Handgelenk oder verwischter Tinte.

Viele Klienten fassen erst mit rund 50 Jahren den Mut, ihre Probleme zu hinterfragen. Bei Linkshändern ist die rechte Gehirnhälfte dominant. Wird umgeschult, darf die nichtdominante Seite regieren, und persönliche Stärken werden unterdrückt. "Die Verarbeitung von Informationen geht Umwege", sagt Rieger. Betroffene können bei Vorträgen nicht schnell genug mitschreiben, leiden unter Konzentrationsstörungen bis hin zu Blackouts in Stresssituationen. Oft höre Rieger den Satz: "Nichts gelingt mir."

Der lange Weg zurück

Um Irrtümer auszuschließen, wird vor einer Rückschulung mit einer Händigkeitsbeobachtung die spontanere und aktivere Hand identifiziert. Auch bei versteckter Linkshändigkeit ist ein Umlernen nicht immer sofort sinnvoll. "Ein aufgebautes System im Gehirn wird außer Kraft gesetzt. Daher muss man in Gesprächen abwägen, ob es dafür der richtige Zeitpunkt im Leben ist", sagt Rieger.

Am Anfang stehen Schwung- und Nachspurübungen, die Feinmotorik und Handgelenk trainieren. "Ich bekomme oft das Feedback, dass das ein Gefühl wie in der Volksschule ist. Manchmal kommen Wut und Zorn hoch, warum das nicht damals schon so gelernt wurde", so Rieger. Mindestens zwei Jahre dauert es, bis sich das Gehirn an die normale Abfolge gewöhnt hat, sagt sie: "Viele sagen, dass sie langsam zu sich selbst kommen. Das ist schön." (Julia Schilly, 13.8.2015)