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Dem neuen, jungen Parteichef der steirischen SPÖ, Michael Schickhofer, wird parteiintern vereinzelt vorgeworfen, er verhalte sich zu ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zu dienlich.

Foto: APA / Erwin Scheriau

Graz – Die steirische SPÖ steht auch knapp zweieinhalb Monate nach der Mai-Wahl noch immer ziemlich neben sich. Der rüde Abgang des alten Parteichefs und Landeshauptmannes Franz Voves und der nach wie vor rätselhafte Verlust des Landeshauptmannsessels haben die steirische SPÖ völlig aus der Bahn geworfen. Die Landesroten sind querdurch irritiert und ratlos.

Noch immer sind die Umstände und vor allem die Beweggründe, warum Voves die Landeshauptmannfunktion an seinen alten ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer übergeben hat, in der Partei nicht aufgearbeitet. Dass Franz Voves, der für die SPÖ nach 60 Jahren ÖVP-Herrschaft den Landeshauptmanntitel erkämpft hatte, diesen ohne Not der ÖVP zurückgegeben hat, will und kann in der Partei bis heute niemand verstehen.

Schickhofer beschwichtigt

Nun ist die SPÖ wie all die Jahrzehnte zuvor jedenfalls wieder Stellvertreter-Partei und wird es wohl bis auf Weiteres bleiben. Schützenhöfer ist bei der nächsten Wahl 68 Jahre alt, und es ist nicht auszuschließen, dass er als amtierender Landeshauptmann nochmals antritt. Mit guten Chancen, wiedergewählt zu werden. Eine Vision, mit der sich zurzeit SPÖ-Funktionäre in ihrer depressiven Phase gerne selbst quälen.

Der 36 Jahre alte neue SPÖ-Chef Michael Schickhofer tourt zwar seit Wochen quer durch die Bezirksparteien, um die Sache mit Voves zu erklären, warum die SPÖ wieder Zweiter ist und er daran keine Schuld trage. Begeisterungsstürme hat er aber noch keine ausgelöst, aber zumindest Respekt. Schickhofer beteuerte den Genossen auf dem Land, dass er vom ehemaligen Landeshauptmann Voves vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei, dass er nicht habe verhindern können, dass die ÖVP die Landeshauptmannfunktion für die ganze Periode bekommen habe. Das habe Voves mit Schützenhöfer paktiert. Er könne nur versuchen, nun aus der Situation das Beste zu machen.

Mitten hinein in die ersten Therapiegespräche unter den Parteifreunden krachte aber die nächste Hiobsbotschaft. Nicht nur der Landeshauptmannsessel, sondern auch der ORF-Stiftungsrat wurde an die ÖVP übergeben. Aber auch hier blieben die Hintergründe bisher im Dunkeln und vor allem die Rolle Schickhofers ungeklärt. Dieser verwies wieder auf den alten Voves-Schützenhöfer-Pakt, Voves selbst ließ ausrichten, das sei "Sache der neuen SPÖ-Führung" gewesen. Schickhofer wird jedenfalls parteiintern vorgeworfen, dass er sich in Sachen ORF zu dienlich dem Druck der ÖVP unterworfen habe.

"Das war ein Hammer"

"Der ORF-Stiftungsrat war bei den Funktionären auf dem Land jetzt nicht der große Aufreger, aber unter den Insidern in der SPÖ-Führung war das schon ein ziemlicher Hammer", sagt ein ebensolcher "Insider".

Michael Schickhofer wird jedenfalls noch als Federgewicht taxiert, mit dem die ÖVP einfaches Spiel habe, befürchten steirische Rote. Landeshauptmann Schützenhöfer bemüht sich, damit dies auch so bleibt. Bei gemeinsamen öffentlichen Auftritten verniedlicht Schützenhöfer seinen Juniorpartner stets als "Michi", den er wie einen Ziehsohn an die Brust nimmt. Der Kleine müsse eben noch viel lernen.

Streber mit ausbaufähigen Eigenschaften

Dem jungen SPÖ-Parteichef werden andererseits aber auch von der ÖVP durchaus ausbaufähige Eigenschaften zugeschrieben: Schickhofer sei rhetorisch nicht ungeschickt, könne auf Situationen flexibel reagieren, sei hartnäckig und "ein Streber". In der ÖVP tauchen erste Warnungen auf, Schickhofer im Auge zu behalten. Der SPÖ-Chef könne sich zu einem "Nagl-Typ" entwickeln. Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl wurde innerhab der ÖVP lange Zeit ebenfalls als innerparteiliches Leichtgewicht gewogen. Spätestens mit seinem beachtlich toughen und empathischen Krisenmanagement nach der Amokfahrt in Graz gilt Nagl als unumstritten und großer Hoffnungsträger in der ÖVP.

Hier könnte sich für die Volkspartei noch eine Schwachstelle auftun – so hoffen zumindest einige in der SPÖ. Sie erwarten, dass Hermann Schützenhöfer der Rolle als Erster nicht ganz gewachsen sein könnte. Schützenhöfer war in der Landespolitik stets dienender Zweiter, "Zuarbeiter". Nun muss er als Erster die Linie vorgeben, das Land führen. In Interviews beschreibt sich der 63-Jährige selbst als "Grübler", der "tausend Mal hin und her" überlege. Die alarmierenden Budgetprobleme mit einem neuerlichen Abgang von 350 Millionen Euro und die drängende Flüchtlingsfrage benötigen aber schnelles Handeln.

Landesräte auf Urlaub

In diesem Zusammenhang steht das SPÖ-Regierungsteam hart in der öffentlichen Kritik. Ausgerechnet jetzt, wo auch die Steiermark dringend zur Mithilfe bei der Suche nach Flüchtlingsquartieren gefragt ist, sind bis auf ein Regierungsmitglied alle auf Urlaub. Die für das Flüchtlingswesen zuständige Landesrätin tourt gerade mit Campingbus durch die USA.

In den Bundesländern kann SPÖ-Chef Werner Faymann eigentlich nur noch auf Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser zählen, der eine relativ intakte Landesorganisation führt. Die Übrigen spielen politisch eine marginale Rolle. Burgenland ist auf Emanzipationstrip und die Steiermark eine Baustelle.

Die einzige wirkliche Hoffnung der steirischen Roten: Die nächsten Wahlen sind erst 2020, und bis dahin könnte Schickhofer vielleicht wachsen und – wie es besagter Insider formuliert: "Wir hoffen ja, dass er unterschätzt wird." (Walter Müller, 12.8.2015)