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Lange hatte Italien beim Platz an der Sonne eine Vormachtstellung. Heute liegt das Land als Tourismusdestination in Europa abgeschlagen hinter Frankreich und Spanien.

Foto: reuters/rossi

"Es ist die beste Saison seit zehn Jahren", freut sich Francesco Caizzi, Präsident des Hotelierverbands Apulien, über den jüngsten Touristenboom. Auch in anderen süditalienische Regionen, in Sizilien, Kalabrien und Kampanien, laufe der Fremdenverkehr nach drei Krisenjahren derzeit wieder auf Hochtouren.

Für die Hochsaison im August erwartet der Experte in Italien um bis zu zehn Prozent höhere Nächtigungszahlen im Vergleich zum Vorjahr. Übers Jahr verteilt werde der Zuwachs bei drei bis vier Prozent liegen.

Verarmter Süden

Die Bilanzen über die positive Entwicklung des Tourismus in Italiens verarmtem Süden kommt gerade zur rechten Zeit. Erst Anfang August veröffentlichte das Forschungsinstitut Isvmez, dass der Süden des Landes in den vergangenen Jahren weniger gewachsen sei als Griechenland.

In Rom gibt man sich alarmiert und fragt sich, wie das Gap zum reichen Norden wieder aufgeholt werden könnte. "Nicht nur die Arbeiter, auch das organisierte Verbrechen, die Mafia, wandern in den Norden aus", spöttelte Schriftsteller Roberto Saviano, Verfasser des Bestsellers "Gomorrha", eine Bestandsaufnahme über die Camorra in Neapel.

Die wichtigste Zeit

Die Sommermonate sind für Italiens Hoteliers und Restaurantbetreiber die wichtigste Zeit. Nach jüngsten Angaben des nationalen Hotelierverbands sind bisher die Ankünfte ausländischer Gäste um 2,5 Prozent gestiegen, jene der italienischen Gäste um 8,5 Prozent. Italiener, die zuletzt deutlich sparten, machen wieder Urlaub.

Grund dafür ist nicht nur die leichte Wirtschaftserholung, sondern auch die Hitzewelle im Juli. Bevorzugtes Ziel von 48 Prozent der 30 Millionen italienischen Sommergäste ist der Süden.

Angst vor Flüchtlingen

Ängste, dass Flüchtlingsunterkünfte an den Strandpromenaden oder überladene Migrantenboote vor der Küste die Touristen vergrämen könnten, bewahrheiteten sich bisher nicht. Noch vor Beginn der Hochsaison hatte Luca Zaia, Präsident der Region Venetien, kritisiert: "Mit Flüchtlingsunterkünften riskieren wir die Touristensaison."

Doch keine Spur davon: Die Obere Adria meldet ebenso wie die Toskana und Ligurien wachsende Nächtigungszahlen. Unbegründet ist die Sorge dennoch nicht: Auf der Insel Lampedusa, die zu den wichtigsten Landungsplätzen der Migrantenboote zählt, brach der Tourismus seit 2012 um bis zu 60 Prozent ein.

Weniger wettbewerbsfähig

Auch wenn die laufende Saison mit einem Plus abschließt, hat Italiens Fremdenverkehr dennoch Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Dafür sind nicht Migranten, sondern mangelnde wie veraltete Infrastruktur und schwache Dienstleistungen verantwortlich.

Italien hat seine Vormachtstellung an der Sonne verloren und liegt in Europa nach Frankreich und Spanien nur noch an dritter Stelle, weltweit auf Platz fünf. Im Kreuzfeuer der Kritik steht auch die Website www.italia.it, die nur vier Sprachen "spricht". "Wir nehmen auf Asiaten keine Rücksicht, obwohl die stärksten Steigerungen beim Tourismus aus China zu erwarten sind", klagt man beim Hotelierverband Federalberghi. (Thesy Kness Bastaroli aus Mailand, 12.8.2015)