Von außen erinnert es an ein altes Schulheft, das querformatige, leicht antiquierte, verwaschen dunkelgraue Notizbuch, in dessen Mitte ein gerahmtes Schild prangt. Mit krakeligen Buchstaben ist es beschriftet: "Lampedusa, 366, 200, 2013 -". Ergänzend steht darunter einzeilig in gedruckter Serifenschrift der Untertitel Lampedusener Elegien – 2015. Die schmale Publikation ist von einer Banderole umschlossen. Vielsagend die darauf gedruckte Info: "So wie viele meiner Kataloge ist dieser natürlich subventionsbefreit." Harald Gfader, seines Zeichens Künstler, Poet, Maler, Kurator, Illustrator, Museumsdirektor, Kosmopolit und Initiator, übt sich einmal mehr als politisch wacher Aktivist sowie gesellschaftlicher Provokateur.

In Form fusionierender Sprachspiele und Collagen widmet sich der Vorarlberger Künstler der heute allgegenwärtigen paneuropäischen Flüchtlings- und Asylproblematik. Wider Zynismen und Gleichgültigkeit. Unter Verwendung und Verfremdung von Texten aus der Feder von Karl Kraus kombiniert und karikiert Gfader Termini wie Kirchen-Schiff, Schiffe, Meeres-Rauschen, Moral, volle Boote, Trauer, Krieg, Wollust, Kultur, Unkultur, das Durchqueren der Wüste mit dem Traum vom Gelobten Land. Naturgemäß sind seine vielschichtigen Accrochagen ernster als sonst. Mehrfach bedeutsam sind sie wie sonst auch. Vom Blech reden zu Blechkübeln und einem Flaschenzug, der zum Anheben des Horizonts dient, um das Ufer unerreichbar zu machen, ist es nicht weit. Assoziativ Frottagen, Fotos, frostige Aquarelle.

Gfader bestärkt mit der auf 50 Stück limitierten Kunst-Edition auch den (im Sinne der antiken Polis) politischen Wert von Wertschätzung von Kunst und Künstlern. Eine Idee, die er auch als Kurator aktuell immer wieder hinterfragt und neu definiert, auf der Art Bodensee und bei der Initiative M.i.l.k umsetzt. Oh Europa, oh Abendland. Was bedeutet "SOS" laut Gfader? "Save our souls!" Prädikat wertvoll! (Gregor Auenhammer, 11.8.2015)