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Posieren für die Fotografen: CHP-Chef Kemal Kiliçdaroglu (links) und der geschäftsführende Premierminister Ahmet Davutoğlu.

Foto: Reuters / Handout

Ankara – Bamya-Suppe kommt aus Konya, der konservativ-islamischen Heimat des türkischen Regierungschefs Ahmet Davutoğlu in Zentralanatolien, und darum ist sie auch zu Beginn des Treffens mit dem Oppositionsführer serviert worden: Okraschoten (Bamya), Hammelfleisch, Tomatensauce, ordentlich viel Schwanzfett.

Mehr als vier Stunden dauerte Montagabend die Sitzung zwischen Davutoğlu und dem Chef der sozialdemokratischen Republikanischen Volkspartei CHP, Kemal Kiliçdaroglu, in Çankaya, einem Bezirk Ankaras. Die türkischen Präsidenten hatten hier ihren Amtssitz, bevor der heutige Amtsinhaber Tayyip Erdoğan in einen für ihn erbauten neuen Palastkomplex am Rand der Hauptstadt zog und seinen Premier und Parteifreund in den alten Präsidentensitz ziehen ließ.

Entscheidung Ende der Woche

Vier Stunden waren zu lang, um ein Scheitern zu verkünden, so waren sich die Beobachter draußen einig: Davutoğlu und Kiliçdaroglu sprachen über die Bildung einer großen Koalition, 63 Tage nach den Parlamentswahlen. Donnerstag oder Freitag dieser Woche wollen sie ein weiteres Mal zusammenkommen, um dann endgültig zu entscheiden. Dazwischen fährt der Regierungschef zur Berichterstattung zum Präsidenten.

Erdoğan wird in der Praxis über Koalition oder Neuwahlen entscheiden, auch wenn die Verfassung dies so gar nicht vorsieht. Die CHP, die bei den Wahlen am 7. Juni zweitstärkste Kraft geblieben ist, stellt eine Reihe von Forderungen für eine Koalition, vor allem den Rückzug Erdoğans aus der Tagespolitik.

Politische Krise schafft Pflichtgefühl

Die konservativ-islamische AKP, die Erdoğan gründete und weiterhin kontrolliert, aber als Staatspräsident offiziell nicht führen darf, verlor ihre Regierungsmehrheit und ist auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Rechtsnationalisten hatten schnell abgelehnt. Die Sozialdemokraten sind wenig begeistert, wollen sich aber der Sicherheitslage und der schweren politischen Krise im Land wegen dieser Pflicht beugen.

Allein am Montag kamen fünf Polizisten bei Anschlägen der kurdischen Arbeiterpartei PKK ums Leben. Ende Juli hatte Erdoğan den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt. Am 23. August läuft die Frist für eine Regierungsbildung aus. Dann kann Erdoğan Neuwahlen ansetzen. (Markus Bernath, 11.8.2015)