Bereits 2005 vom Architektenquartett MX-SL konzipiert, jetzt eröffnet: das Lorca-Zentrum im spanischen Granada.

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Schriftsteller Federico García Lorca, 1898–1936.

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Besser spät als nie. An einem der schönsten Plätze Granadas, an der Plaza de la Romanilla vis-à-vis der Kathedrale gelegen, hat nun das Erbe des berühmtesten Sohnes der andalusischen Stadt seine feste Bleibe gefunden: Das Zentrum Federico García Lorca (1898-1936) öffnete Ende Juli nach einer Dekade Bauzeit seine Pforten. Granada würdigt mit dem imposanten Betonkomplex Spaniens wohl schillerndsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Vom mexikanisch-slowenischen Architektenquartett MX-SL mit Sitz in Barcelona bereits 2005 konzipiert – es konnte sich unter anderem gegen Norman Foster und 173 Konkurrenzentwürfe durchsetzen -, bietet der multifunktionale Bau bei 23 Millionen Euro Gesamtkosten Raum für Archive, Bibliothek, ein Auditorium sowie Ausstellungsflächen für moderne Kunst. Drei Viertel der Investitionskosten deckte der EU-Regionalentwicklungsfonds Feder, ein Viertel die andalusische Regionalregierung, die Stadt Granada und das Kulturministerium in Madrid.

Blickfang im Zentrum

"Es ist ein eloquentes Vakuum, das dem Architektenteam hier gelungen ist", lobte bereits 2006 der Juryvorsitzende Juan José Lahuerta, Architekturprofessor aus Barcelona, fast poetisch den nun baulich umgesetzten Entwurf: "Hier scheint sogar die Luft für sich zu funktionieren." Darüber hinaus ist es äußerlich ein Blickfang, postmodern und zugleich integriert inmitten des historischen Zentrums.

In seinem Inneren bietet es Platz für eine Vielzahl von Lorcas Manuskripten mit einem Versicherungswert von zwölf Millionen Euro sowie für dessen ausführliche Briefwechsel, über die Lorca auch seine engen Freundschaften, sei es mit dem Surrealisten Salvador Dalí, dem Filmemacher Luis Buñuel, dem Schriftstellerkollegen Ramón del Valle-Inclán oder dem Philosophen José Ortega y Gasset pflegte. Auch Lorcas bestechende Zeichnungen und Grafiken werden ausgestellt werden. Er war ein weltoffenes Multitalent in einer turbulenten Epoche zwischen Boom und Krise, Revolutionen und dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), der Lorca bereits in den ersten Wochen das Leben kostete.

"Offenheit wesentlichstes Element"

"Es ist ein Zentrum der Freiheit und der Forschung", sagt Jesús Ortega, Lorca-Experte und Museumskurator der Fundación Federico García Lorca, "ein Gebäude voller Energie und Licht, facettenreich, wie es Lorca wohl selbst gefallen hätte." Dem fügt Stiftungsdirektorin Laura García Lorca hinzu, "dass die Offenheit wesentlichstes Element ist". Hat den Schriftsteller doch alles interessiert: "Wir wissen, dass er seine Inspiration gleichermaßen von den Roma und Sinti in Granadas armen Randbezirken fand wie auf den Straßen New Yorks."

Lorca, der Poet, Dramaturg und Künstler, führende Gestalt der Literatenbewegung "Generación del 27" und enger Freund der Avantgardisten, prägte wie kaum ein anderer seine Zeitgenossen und Folgegenerationen. Nicht nur, aber auch international bekannt ist Lorca etwa im deutschsprachigen Raum für Bluthochzeit (1933), Yerma (1934) oder Der Poet in New York (1940, posthum) sowie das nur zwei Monate vor seiner Ermordung fertiggestellte Bernarda Albas Haus (1936).

Es waren die Truppen der gegen die 2. Spanische Republik (1931-1936) putschenden Nationalisten unter dem späteren Diktator Francisco Franco, die inmitten des Hochsommers 1936 Lorca am 19. August bei Viznar, einem Vorort Granadas, hinrichten ließen. Zu bekannt waren des Autors linke, sozialistische Ideale.

Neue Dokumente zu Lorcas Tod

Wie unlängst vom Radiosender Cadena SER und der Onlinezeitung eldiario.es publizierte Geheimdokumente belegen, kam der Befehl von ganz oben – stießen sich die Faschisten doch auch an Lorcas "homosexuellen Neigungen" und an dessen kolportierter Mitgliedschaft bei den Freimaurern, Francos Intimfeinden.

Der Diktator selbst wies wohlgemerkt stets Mitschuld an der Exekution Lorcas von sich und lamentierte auch gegenüber der Auslandspresse, dass in Kriegszeiten "natürliche Opfer zu beklagen sind, wie ebenjener Autor (er nannte Lorca nie namentlich, Anm.) in den ersten Tagen des Putsches", wie Franco in seinen autobiografischen Memoiren Der Führer spricht festhielt.

Wörtlich besagt jenes Dokument auch: "Abgeführt von Kräften der Zivilregierung wurde er, nachdem er die Beichte abgelegt hatte, standrechtlich erschossen und ebenerdig an jenem Ort, den man 'Fuente Grande' nennt, beigesetzt". Bis heute fehlt jedoch von Lorcas sterblichen Überresten nach mehreren vergeblichen Grabungen jede Spur.

In Granada sind zu Ehren des Schriftstellers über den gesamten Sommer eine Fülle von Veranstaltungen anberaumt, wie etwa das von Kritikern begeistert kommentierte, von Lorcas gleichnamigem Gedichtband inspirierte Poeta en Nueva Yorke unter der Regie von Rafael Amargo (bis 29. August) im Theater der Generalife-Gärten inmitten des maurischen Alhambra-Palastes. (Jan Marot, 11.8.2015)