Berlin – Schreiten Herzschwäche oder schwerer Herzfehler voran, geht dies häufig mit einem Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft einher. Ein Forscherteam aus Berlin konnte nun den Mechanismus aufklären, der dieser, auch kardiale Kachexie genannten, Erkrankung zugrunde liegt.

Prozesse, die den Proteinabbau im Körper verstärken und beschleunigen, lassen sich künftig auf Basis der aktuellen Erkenntnisse möglicherweise medikamentös beeinflussen. Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal "Circulation Research veröffentlicht".

Weniger Muskelkraft

Patienten in fortgeschrittenen Stadien der Herzmuskelschwäche verlieren in der Regel insgesamt an Muskelmasse und Muskelkraft. Eine Tatsache, die sich negativ auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirkt und bislang mit einer schlechten Prognose verbunden ist. Der krankhaft voranschreitende Muskelabbau betrifft insbesondere die Skelettmuskulatur.

Die verantwortlichen molekularen Signalwege hierfür waren bis jetzt noch nicht vollständig bekannt. Eine Ursache dieses Abbauprozesses liegt in dem System, das im Körper Blutdruck, Salz- und Wasserhaushalt reguliert, dem sogenannten Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Dieses ist im Krankheitsprozess einer kardialen Kachexie stark aktiviert und der Botenstoff Angiotensin II wird vermehrt gebildet.

Angiotensin II ist ein Effektor-Peptid, das direkt auf den Muskel wirkt und dort den Proteinabbau steigert – eine Verringerung der Muskelmasse ist die Folge. Bisher wurden herzinsuffiziente Patienten mit Medikamenten behandelt, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System hemmen. Das mindert den Muskelabbau für einige Zeit, doch herkömmliche Medikamente verlieren nach einigen Jahren ihre Wirksamkeit.

Neue Therapieansätze

Um neue Therapieansätze zu finden, haben Wissenschaftler der Berliner Charité und des Experimental and Clinical Research Center (ECRC) nun den genauen Signalweg untersucht, der zum Proteinabbau im Muskel führt. Im Speziellen steigert Angiotensin II im Muskel die Herstellung eines Proteins mit dem Namen Muscle RING-finger 1 (MuRF1), das eine Schlüsselrolle beim Muskelabbau spielt.

"Wir haben einen neuen Transkriptionsfaktor identifiziert und funktionell charakterisiert, der diesen Prozess reguliert. In Experimenten konnten wir ebenso Mechanismen aufzeigen, die sich hemmend oder aktivierend auf die MuRF1 Proteinproduktion auswirken und somit Muskelabbau reduzieren oder steigern", sagt Jens Fielitz, Kardiologe an der Charité und Arbeitsgruppenleiter am ECRC.

Damit schließen die Forscher eine entscheidende Lücke und beschreiben einen neuen Signalweg, der für das Entstehen einer kardialen Kachexie wichtig ist. Eine Unterdrückung dieses Signalweges könnte die durch Angiotensin II verursachte Muskelschwäche hemmen und somit therapeutisches Potenzial besitzen.