Fetus mit 31 Schwangerschaftswochen: Erst lächelt das Ungeborene etwas...

Foto: Prof. E. Merz

... wenige Minuten später zeigt es ein missmutiges Gesicht.

Foto: Prof. E. Merz

Berlin – Gegen Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels haben Eltern gute Chancen, ihr Kind auf dem Ultraschallbild lächeln zu sehen. Mitunter verzieht es auch die Mundwinkel, runzelt die Stirn und schaut missmutig oder traurig aus. Unabhängig vom Gesichtsausdruck sollten Eltern in diese Momente nicht zu viel hineininterpretieren, rät die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).

Veränderungen des Gesichtsausdrucks spiegelten nicht etwa die Gefühle des Feten wieder, sondern sind vielmehr das Ergebnis unwillkürlicher, reflexhafter Bewegungen, berichten die Experten im Fachmagazin "Ultraschall in der Medizin". Ultraschalluntersuchungen von Ungeborene allein zum Zwecke des "Babyfernsehens" lehnt die DEGUM ab.

Die Mimik beobachten

Wenn Ärzte ein Ungeborenes mit 4D-Ultraschall untersuchen, schließen sie dabei nicht nur mögliche Fehlbildungen aus. Sie können auch live beobachten, wie das Kind Körper und Gesicht bewegt. "Mit der 4D-Sonografie, die Bewegungen des Feten räumlich sichtbar macht, können wir die Mimik des Kindes besonders gut beobachten", sagt Eberhard Merz, Leiter des Zentrums für Ultraschall und Pränatalmedizin am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt.

Die Technik ermöglicht es den Ärzten heute auch, das Farbspektrum der menschlichen Haut anzupassen und mit einer beweglichen virtuellen Lichtquelle Effekte von Licht und Schatten an der Oberfläche des Kindes zu erzeugen. "Die Bilder erscheinen sehr lebensecht und es ist kein Wunder, dass sie uns innerlich berühren", sagt Merz.

Dennoch bedeute ein Lächeln nicht, dass ein Baby glücklich ist und eine traurige Mine verrate nichts über schlechte Gefühle des Ungeborenen. "Die Bewegungen sind eher eine Art Training", erklärt Merz. Die Entwicklung komplexer Gesichtsbewegungen vor der Geburt sei für viele Funktionen nach der Geburt wichtig. Denn von Anfang an kommuniziert das Baby auch über seine Gesichtsausdrücke mit den Eltern und weint zum Beispiel, wenn es unzufrieden ist.

Das erste echte Lächeln allerdings lässt etwas auf sich warten: Das "Engelslächeln" von Neugeborenen stufen Entwicklungspsychologen noch als reflexhaft ein – erst zum Ende des zweiten Lebensmonats hin lächeln Babys ihre Mitmenschen bewusst an.

Gehirnfunktionen voraussehen

Pränatalmediziner wie Eberhard Merz können am Gesicht des Ungeborenen dennoch etwas ablesen: "Die Beobachtung der fetalen Gesichtsstrukturen und des fetalen Gesichtsausdrucks liefert zusätzliche Erkenntnisse über die neurologische Entwicklung des Feten und ermöglicht es, die fetalen Gehirnfunktionen besser vorauszusehen", erklärt der Experte.

Unabhängig von der Mimik sei das Gesicht eine grundlegende Informationsquelle. "Durch dessen Beurteilung ist die Diagnose verschiedener fetaler Erkrankungen und Syndrome möglich. Ergänzend zum 2D-Ultraschall lassen sich die Strukturen mit der drei- und vierdimensionalen Sonografie noch genauer bewerten und Informationen über mögliche Fehlbildungen gewinnen", erklärt der Experte.

Merz appelliert an seine Kollegen, Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft nur dann durchzuführen, wenn dies medizinisch begründet ist. Die DEGUM spricht sich ausdrücklich gegen alleinige Ultraschalluntersuchungen aus, die nur zum Zwecke des "Babyfernsehens" auf Wunsch der Eltern durchgeführt werden. Mit dem Einsatz der aussagekräftigen und zugleich schonenden Diagnostik müsse stets ein medizinisch relevanter Zweck verbunden sein. (red, 17.8.2015)