Ein wissenschaftliches Großereignis in Wien wirft seinen Schatten voraus. Vom 25. bis 29. September findet in der Bundeshauptstadt der Europäische Krebskongress (ECCO 2015) mit rund 20.000 Teilnehmern statt. War 2012 beim Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO) in Wien die "zielgerichtete Therapie" das Thema, ist jetzt die sogenannte Immuntherapie bei Krebs der "Hit".
"Die Immuntherapie wird die Landschaft der Krebstherapie völlig verändern", stellte der lokale Organisator des kommenden Kongresses, der Wiener Onkologe Christoph Zielinski vom Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien, dazu fest.
Targeted therapy
Ohne Zweifel hat in den vergangenen Jahren die zielgerichtete Krebstherapie ("targeted therapy") auf der Basis der molekulargenetischen Analyse von Tumoren die Behandlungsmöglichkeiten bei einigen bösartigen Erkrankungen deutlich verbessert. Ganz speziell auf bestimmte "Ziele" an der Oberfläche von Tumorzellen (monoklonale Antikörper) oder der Wachstums-Signalwege in den Zellen (etwa Tyrosin-Kinase-Hemmer etc.) haben die Lebenserwartung zum Beispiel von Frauen mit bestimmten Mammakarzinomen (zum Beispiel HER2-postive Brustkrebserkrankung) auch bei fortgeschrittener Erkrankung verbessert.
Aber der Effekt aller dieser Medikamente ist beschränkt – auf jene Tumorerkrankungen, bei denen jeweils die spezifisch angesteuerte Genmutation vorliegt. Darüber hinaus hält die Wirkung der Arzneimittel bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen nur relativ kurz an, weil sich Resistenzen bilden. "Wir haben in den vergangenen Jahren zu verstehen begonnen, wie wir bei manchen Krebserkrankungen mit Medikamenten eingreifen können, die ganz speziell auf von der Molekularbiologie identifizierten Zielen ansetzen. Doch nicht immer funktioniert das. Wir wissen nicht immer, warum das so ist", sagt Zielinski.
Ein Beispiel dafür ist das Magenkarzinom. Man hat versucht, bei bestimmten Tumoren (HER2-positive Karzinome) in der Behandlung zu seit vielen Jahren verwendeten Zytostatika (5FU oder Capecitabine etc.) den monoklonalen Antikörper Trastuzumab hinzuzufügen. Damit konnte man die durchschnittliche Lebenserwartung von Patienten von 11,8 auf 16 Monate erhöhen. Doch auf der anderen Seite weisen nur 20 Prozent der Magenkarzinome das HER2-Charakteristikum auf. "Nur 50 Prozent der Behandelten profitieren dann von dieser Therapie", sagte vor kurzem sagte der italienische Experte Stefano Cascinu (Ascona) vor kurzem beim Weltkongress zu gastroenterologischen Krebserkrankungen.
Immuntherapie
Doch seit 2012/2013 sind die Onkologen weltweit dabei, eine neue Qualität in der medikamentösen Krebstherapie zu erreichen: Die sogenannte Immuntherapie, bei der es offenbar erstmals gelingt, das körpereigene Immunsystem zur ausreichenden Erkennung der bösartigen Zellen zu verhelfen und die darauf erfolgende Immunantwort zu nutzen. Bei den Arzneimitteln handelt es sich derzeit vor allem um monoklonale Antikörper gegen PD1-, PD-L1 und CTLA-4-Oberflächenmerkmale von Zellen, die im Umfeld des Tumors die Immunzellen vom Angriff auf die bösartigen Zellen abhalten.
Wurden schon mit den Medikamenten der "zielgerichteten Therapie" bessere Behandlungsergebnisse als mit Chemotherapie erzielt, wurden mit den Immuntherapeutika zum Teil sogar noch deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Wissenschafter vom französischen Krebsforschungszentrum Gustave Roussy publizierten im Jänner 2015 eine Studie mit 418 Melanompatienten.
Im Vergleich zu einer Behandlung mit dem Chemotherapeutikum Dacarbazine zeigte sich eine Steigerung der Ein-Jahres-Überlebensrate von 42,1 auf 72,9 Prozent, wenn man Nivolumab verwendete. Die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung erhöhte sich von 2,2 auf 5,1 Monate, die Ansprechrate von 13,9 auf 40 Prozent. Das sind Resultate, welche viele andere Therapieentwicklungen bei Krebs in der Vergangenheit übertreffen.
Vielversprechende Zukunft
Wurden schon mit den Medikamenten der "zielgerichteten Therapie" bessere Behandlungsergebnisse als mit Chemotherapie erzielt, wurden mit den Immuntherapeutika zum Teil sogar noch deutlich bessere Ergebnisse erzielt.
Wissenschafter vom französischen Krebsforschungszentrum Gustave Roussy publizierten im Jänner 2015 eine Studie mit 418 Melanompatienten. Im Vergleich zu einer Behandlung mit dem Chemotherapeutikum Dacarbazine zeigte sich eine Steigerung der Ein-Jahres-Überlebensrate von 42,1 auf 72,9 Prozent, wenn man Nivolumab verwendete.
Die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung erhöhte sich von 2,2 auf 5,1 Monate, die Ansprechrate von 13,9 auf 40 Prozent. Das sind Resultate, welche viele andere Therapieentwicklungen bei Krebs in der Vergangenheit übertreffen. (APA, 10.8.2015)