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Das Ende der EU-Milchquoten gestaltet sich nicht einfach. Wegen Überangebots sinken die Preise auf ein für Bauern ruinöses Niveau.

Foto: AP/Büttner

Wien – Anstatt für weitere Marketingaktionen Geld auszugeben, sollte der Umstieg auf biologische Milchkuhhaltung gefördert werden, so Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. Denn der niedrige Milchpreis im Gefolge der Abschaffung der EU-Milchquoten und die weiter bestehenden Sanktionen für Lebensmittelexporte nach Russland setzen den Milchbauern zu. Bei nur mehr 30 Cent liegt der Preis je Liter Rohmilch, den die Bauern bekommen. 30 Cent, das ist in Österreich traditionellerweise die Schmerzgrenze.

Mehr Biomilch fordert Pirklhuber deshalb, weil die Preise in diesem Segment höher sind. Ein solcher Umstieg aber ist langwierig und teuer. In der Regel dauert ein Umstieg zwei Jahre, in denen etwa kein konventionelles Futter gegeben werden darf.

In Österreich wirtschaften derzeit 42.000 Betriebe mit Milchkühen. 87 Prozent davon liefern an eine Molkerei, die übrigen Betriebe verwerten die Rohmilch im eigenen Betrieb. Biomilch spielt eine immer größere Rolle. 20 Prozent der Milchbauern, das sind 8600 Milchviehbetriebe, werden nach den Grundsätzen des Biolandbaus geführt. Da sei noch Luft nach oben, meint Pirklhuber.

Dass der Milchpreis immer stärker unter Druck gerät und Angebot und Nachfrage in der EU in keinem Gleichgewicht sind, dessen ist man sich in der Landwirtschaftskammer (LWK) bewusst. Die Branche hat – der STANDARD berichtete – im Vorfeld zur Liberalisierung des EU-Milchmarktes stark ausgebaut und so große Strukturen aufgebaut, die nicht nur auf den EU-Inlandsmarkt, sondern auch auf Export abzielen. Angesichts der niedrigen Ölpreise und der damit verbundenen niedrigeren Einkommen stagnieren aber die Exporte in den arabischen Raum. Der chinesische Hoffnungsmarkt entwickelt sich nicht so einfach wie gedacht.

Leistungsdepression

LWK-Experte Adolf Marksteiner verweist darauf, dass die Situation in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Staaten sogar noch relativ entspannt ist. Denn die Milchproduktion insgesamt sei eher zurückgegangen. Wegen der Hitze komme es nämlich zu einer sogenannten "Leistungsdepression", wie Marksteiner erklärt. "Das Problem könnte noch größer sein."

Ein weiterer Entspannungsfaktor, der zumindest in Österreich zum Tragen kommt: Oberösterreichische und Salzburger Bauern liefern vermehrt an die Berchtesgadender Molkerei, die mit 37 Cent je Liter wesentlich höhere Preise zahlt. Pirklhuber schätzt, dass bis zu zehn Prozent der Milch aus der Region dorthin abfließen

In Großbritannien und Frankreich kam es zu Demonstrationen aufgebrachter Milchbauern. Als eine erste Maßnahme hat die EU-Kommission angekündigt, die Unterstützungen für die private Lagerhaltung bei Butter und Milchpulver bis Februar 2016 zu verlängern. Ursprünglich hätte diese Unterstützung im Gefolge der EU-Quotenstreichung Ende September auslaufen sollen.

In Deutschland warnte Christian Schmidt (CSU) in Zeitungsinterviews vor einem ruinösen Preiskampf. Exporterstattungen, wie sie auch bereits gefordert wurden, werde es nicht geben. Solche Zuschüsse, bei denen der Milchpreis für den Export künstlich hinuntersubventioniert wird, zerstörten nämlich lokale Märkte, etwa in Entwicklungsländern. Allgemein werden Erzeugerpreise von 40 Cent je Liter als angemessen für die Bauern erachtet. (Johanna Ruzicka, 9.8.2015)