Während Europa unter der Sommerhitze stöhnt, im Mittelmeer weiterhin Menschen auf der Flucht ertrinken und sich die EU nach den griechischen Anstrengungen in die Sommerpause vertschüsst hat, wollen die unsympathischen Nachrichten aus dem Land der "Bösis" kein Ende nehmen.

Traiskirchen quillt noch immer über, ganze Familien nächtigen seit Wochen im Freien, und Kinder und Jugendliche ohne Eltern irren unbetreut auf dem Areal herum. Die politische Debatte dreht sich im Kreis: Die Bundesregierung droht an, ihren grundvernünftigen Plan, Asylwerber besser auf die Länder und noch besser auf die Kommunen aufzuteilen, notfalls mit Zwang durchzusetzen. Länder und Gemeinden, namentlich auch der Wiener Bürgermeister, halten mit Bestemm dagegen und wehren sich – notleidende Flüchtlinge hin oder her -, in ihren Rechten beschnitten zu werden. Ins allgemeine Poltern gegen die Anmaßung des Bundes mischt sich kaum eine Stimme der grundsätzlichen Bereitschaft, Menschen auf der Flucht willkommen zu heißen.

In der Bundesregierung scheint sich eine gewisse Resignation breitzumachen: Man müsse halt, so hört man, noch ein paar Wochen weiterwursteln, bis man die entsprechenden Gesetze gegen das Beton-Njet aus Ländern und Gemeinden verabschiedet habe. Und derweil greint der Chor der Neinsager weiter.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl zelebriert sein rot-blaues Coming-out so lustvoll, als könnte er jetzt endlich sagen, was er immer schon gedacht hat. Die Bundespolitik greift seine bestechenden Vorschläge ("Assistenzeinsatz!") dankbar auf – ohne sich im Detail überlegt zu haben, wie das dann konkret und ganz praktisch umgesetzt werden soll.

Niessl versteht sich dabei nicht nur als Landeshauptmann, sondern auch als Speerspitze der verängstigten Bürgermeister. "Volksbefragung", lautet seine neue, wenn auch unrealistische, Zauberformel, dazwischen versichert er väterlich belehrend, dass die Regierung des Burgenlandes eh humanitär engagiert sei.

Auch die ÖVP trägt ihr Scherflein dazu bei, dass in Österreich ja nicht der Eindruck entstehe, es habe irgendetwas Gutes, dass Ausländer ins Land kommen (es sei denn, es handelt sich um betuchte Touristen, gefeierte Künstler oder Sportler). Dort denkt man jetzt laut Presse laut darüber nach, Familienbeihilfe für Kinder im Ausland, deren Eltern in Österreich leben und arbeiten, zu beschneiden. Nach dem Motto: Die brauchen eh nicht so viel Geld, bei denen daheim ist ja alles billiger.

Abgesehen davon, dass ausländische Staatsbürger mehr in den österreichischen Steuer- und Abgabentopf einzahlen, als sie herausbekommen; abgesehen auch davon, dass Transferleistungen keine Gnaden-, sondern Rechtsakte sind; und sogar abgesehen davon, dass aus dem Ausland stammende Mitbürger sowohl zur Verjüngung des Landes als auch zur so dringend erwünschten Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters beitragen: Das ist, schon aus politischem Eigeninteresse, nicht sehr klug.

SPÖ- und ÖVP-Politiker sorgen gleichermaßen dafür, dass das Generalthema "Ausländer" nur ja nicht von der politischen Agenda verschwindet – und das in durchgehend negativer Konnotation. Die Regierungsparteien betreiben damit in einem Ausmaß aktive Wahlhilfe für die FPÖ, dass man an den Zug der Lemminge denken muss. (Petra Stuiber, 8.8.2015)