Wien – Auf die leichte Schulter hat die Polizei die Attacke auf Manuel G. nicht genommen, stellt Richter Norbert Gerstberger mit Interesse fest. Der junge Mann wurde im Jänner nach der Demo gegen das "Kussverbot" im Café Prückel von drei Tätern auf einem WC abgepasst und bekam Schläge, die zu Prellungen und Nasenbluten führten. "Der Akt hat mehrere 100 Seiten, mit Tatortfotos wie bei einem Mord", sagt Gerstberger im Prozess gegen Marko V., der einer der Schläger gewesen sein soll.

"Haben Sie was gegen Homosexuelle?", will der Richter von dem 19-Jährigen wissen. "Damals hatte ich was dagegen. Aber jetzt beim Hofer habe ich mit einem Schwulen zusammengearbeitet, der hatte Make-up und alles, und der war dort mit einer Frau der Netteste zu mir."

Stänkern nach drei, vier Bier

Es geht aber um damals, als er beim Beobachten der Demo zwei andere Burschen kennenlernte, drei, vier Bier trank und dann eine Gruppe von Kundgebungsteilnehmern anzustänkern begann.

Als die in einem Einkaufszentrum das WC aufsuchten, kam es zum Übergriff. Er habe aber nur zweimal mit der flachen Hand hingeschlagen, beteuert der Angeklagte. Der die Sache bereut. Schon vor dem Saal entschuldigt er sich bei dem Opfer per Handschlag, auch vor Gericht drückt er sein Bedauern aus.

"Das ist das Feigste, was ich je gemacht habe, ich bin keine Hyäne oder so", sagt G. nun. Ein Vergleich, der Gerstberger zu einer Reminiszenz an eine Safari in Afrika veranlasst.

"Dramatisches Lachen"

Dem Teenager ist die Nervosität anzumerken: Er redet viel, abschweifend, gelegentlich lacht er. "Entschuldigung, das ist mein dramatisches Lachen", erklärt er. "Ich würde es als Verlegenheitslachen bezeichnen", bietet Gerstberger dem vor drei Jahren wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe Verurteilten ein besseres Wort an.

Die Strafe konnte er nur mit Mühe zahlen: Mit Vater und zwei Geschwistern lebt er in einer Zweizimmerwohnung, für die er einen 25.000-Euro-Kredit aufnehmen musste.

Das rechtskräftige Urteil: sechs Monate bedingt und die Auflagen für Bewährungshilfe und Antiaggressionstraining. "Viel Glück, und schauen Sie, dass Sie Ihr Leben in den Griff bekommen", wünscht ihm Gerstberger am Ende. (Michael Möseneder, 6.8.2015)