Nach anhaltender Erfolgslosigkeit hat die Swisscom genug: Der Schweizer Telekomkonzern wirft bei seiner Bezahl-App Tapit das Handtuch und schließt sich der Bezahl-App Paymit der Finanzbranche an.

Die Bezahlfunktion bei Tapit werde nur noch bis zum Sommer 2016 angeboten, teilte die Swisscom am Mittwoch mit: "Trotz intensiver Bemühungen lag die Zahl aktiver Nutzer und Kreditkartenanbieter bei Tapit klar unter den Erwartungen."

Lediglich 10.000 mal im Google Play Store heruntergeladen worden

Swisscom-Chef Urs Schaeppi hat wiederholt gesagt, er sei mit dem Anklang von Tapit bei den Kunden nicht zufrieden. Die letztes Jahr gestartete App sei lediglich 10.000 mal im Google Play Store heruntergeladen worden.

Auf dem hierzulande sehr beliebten iPhone läuft Tapit heute noch nicht, weil Apple die Funkschnittstelle NFC für Tapit nicht freigegeben hat. Damit waren sehr viele Smartphone-Besitzer in der Schweiz von vornherein von Tapit ausgeschlossen.

Zudem sei es der Swisscom nicht gelungen, die Banken für Tapit zu gewinnen, sagte Konzernsprecher Carsten Roetz auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die UBS hatte sich nach einer Testphase von Tapit verabschiedet.

Die Swisscom werde die durch das Aus von Tapit frei werdenden Ressourcen in die Partnerschaft mit dem Finanzinfrastrukturanbieter SIX stecken. Wie viel das Abenteuer Tapit die Swisscom gekostet habe, wollte Roetz nicht sagen. Auch bei Sunrise war Tapit zwar technisch implementiert, wurde jedoch wegen Erfolgslosigkeit nicht als Produkt vermarktet, wie ein Sunrise-Sprecher mitteilte.

Mit der Partnerschaft wollen die SIX und die Swisscom Paymit gemeinsam mit den Banken als gesamtschweizerische Lösung für das mobile Bezahlen etablieren. Gestartet war Paymit als Bezahl-App der SIX, der UBS und der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Mittlerweile haben sich noch weitere Banken angeschlossen.

Mit der App können Privatpersonen Geldbeträge per Smartphone überweisen und anfordern. Damit kann beispielsweise der Teilbetrag für ein gemeinsames Mittagessen, das einer für alle bezahlt hat, an den Kollegen überwiesen werden.

"Je mehr Banken angeschlossen sind, desto besser"

Voraussetzung für die Nutzung der App ist eine Schweizer Handynummer sowie je nach Herausgeber der App ein Bankkonto oder eine Kredit-respektive Prepaidkarte. Weil die App auf einem einheitlichen Bankstandard beruht, kann sie von allen in der Schweiz wohnhaften Personen eingesetzt werden – unabhängig davon, ob sie bei der UBS, der ZKB oder bei einer anderen Bank Kunde sind.

Wegen des gleichen Standards kann jede Schweizer Bank bei Paymit mitmachen. An der Ladenkasse kann die App allerdings noch nicht eingesetzt werden. Der Einsatz im Handel werde aber vorbereitet, hieß es weiter. Künftig werde man mit Paymit auch beim Einkaufen im Laden oder im Webshop bargeldlos bezahlen können.

Mit ihrem Anschluss an Paymit will die Swisscom nun die Verbreitung der Bezahl-App bei kleineren Banken vorantreiben. Denn der Telekomkonzern hat über sein IT-Geschäft eine Menge kleinerer Banken bereits als Kunden. "Je mehr Banken angeschlossen sind, desto besser", sagte Roetz.

Zudem kümmert sich die Swisscom um die Erweiterung von Paymit um Mehrwertdienste wie Treuepunkte für Kunden. Als weitere Funktion soll eingeführt werden, dass Kunden, die das wollen, beispielsweise im Supermarkt vor den Regalen individuelle Sonderangebote erhalten.

In diesem Bereich habe die Swisscom bereits in einem Projekt mit dem Berner Warenhaus Loeb Erfahrungen gesammelt, sagte Roetz. Erste Angebote sollen bereits Anfang 2016 folgen.

Im Gegensatz zu Tapit der Swisscom hat sich Paymit relativ schnell verbreitet. Aktuell sei die Ende April gestartete Bezahl-App der Finanzbranche knapp 90'000 mal heruntergeladen worden, hiess es.

Auch die Postfinance will im Herbst eine eigene Bezahl-App mit Namen Twint lancieren. Diese funktioniert mit einem Post- oder Bankkonto oder mit Vorauszahlung wie bei einer Prepaidkarte. Dabei muss der Nutzer kein Postfinance-Kunde sein. Twint ist auch unabhängig vom Telekomanbieter. Geplant ist der Einsatz unter anderem bei Coop oder dem Kantinenbetreiber SV Group.

Daneben bieten weiterhin Startup-Unternehmen, wie die Schweizer Anbieter Mobino, Muume oder Klimpr, eigene Bezahlsysteme. Aber auch internationale Technologiekonzerne wie Apple, Google oder Facebook drängen mit Zahlungslösungen auf den Markt, die allerdings in der Schweiz noch nicht funktionieren.

Gerade gegen die internationale Konkurrenz wollen sich die Schweizer Finanzbranche und die Swisscom mit Paymit zusammen schliessen: "Wir (...) wollen mit einer nationalen Lösung ein Gegengewicht zu den internationalen Playern bilden", erklärte Swisscom-Chef Schaeppi. (APA, 6.8. 2015)