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"Es ist keine Zeit, um sich täglich mit einem neuen Gerücht auseinanderzusetzen. Ich halte alle Spekulationen für entbehrlich." Grasl über Szenarien bezüglich der ORF-Generalsbestellung 2016.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Mit einem Millionensparpaket beantwortet die ORF-Führung eine Klage des Betriebsrats. Bekommt er recht, kostet das drei Millionen im Jahr, sagt ORF-Finanzdirektor Richard Grasl. Und schweigt zur Generaldebatte.

Der ORF-Betriebsrat hat den Obersten Gerichtshof eingeschaltet. Das Höchstgericht soll feststellen, ob der ORF Mitarbeitern mit älteren Verträgen Vordienstzeiten abgelten muss. Der Betriebsrat beruft sich auf eine Entscheidung des EU-Gerichtshofs.

7,5 Millionen Euro stellt der ORF aufgrund der Klage nun zurück, teilten ORF-General Alexander Wrabetz und sein Finanzdirektor Richard Grasl Mittwoch den ORF-Stiftungsräten mit. Die Forderungen belasteten das Ergebnis mit bisher insgesamt 16 Millionen. Die neuen Rückstellungen von 7,5 Millionen soll ein Ad-hoc-Sparpaket einbringen.

STANDARD: Wissen Sie schon, wo Sie die 7,5 Millionen für Rückstellungen einsparen?

Grasl: Ich möchte nicht den Begriff Sparprogramm verwenden, aber klar ist, dass ungeplante Belastungen dazu führen, dass wir Maßnahmen setzen müssen. Und die zusätzlichen 7,5 Millionen Euro aufgrund der Betriebsratsklage sind nun von allen Bereichen und in allen Positionen einzubringen. Wichtig war uns, dass wir unsere Programmvorhaben möglichst wenig belasten. Es wird sich aus vielen einzelnen Maßnahmen im operativen Geschäft zusammensetzen.

STANDARD: Setzt sich die Personalvertretung durch, dann bedeutet das jährliche Mehrkosten von ...

Grasl: Dann kostet uns das nochmals jedes Jahr rund drei Millionen Euro zusätzlich, und daher versuchen wir auch alles, dass es dazu nicht kommt. Wir würden mit diesem Geld lieber Programm machen.

STANDARD: Wie kam es in Sachen Vordienstzeiten eigentlich zur juristischen Eskalation? Der Betriebsrat sagt, grob zusammengefasst: Das Management habe keine Kompromissbereitschaft gezeigt.

Grasl: Man muss hier Verständnis für beide Seiten haben. Der Betriebsrat kann auf ein ihm scheinbar zustehendes Recht nicht einfach verzichten, und wir können nicht jede Forderung erfüllen, wenn es Chance auf eine andere Lösung gibt.

STANDARD: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Sie schreiben in Ihrem Brief an die Stiftungsräte, dass die Entscheidung vor allem männlichen Mitarbeitern aus älteren – und damit ohnehin besser dotierten – Kollektivverträgen zugutekommt?

Grasl: Der weitaus größere Teil der potenziell Begünstigten würden Männer sein.

STANDARD: Der Verwaltungsgerichtshof hat vor wenigen Wochen entschieden: Wer allein über das Web ORF-Programme konsumiert, muss keine Gebühren zahlen. Wie viele Haushalte haben sich denn schon abgemeldet – was kostet das den ORF im Jahr?

Grasl: Es handelt sich ja dabei nur um jene Haushalte, die kein einziges Radio- oder TV-Gerät mehr besitzen. Die Zahl der Abmeldungen ist daher erwartungsgemäß gering. Aber langfristig wird sich die Gerätekonfiguration in den Häusern und Wohnungen verändern.

STANDARD: Sie haben in einer ersten Reaktion auf eine Neuregelung gedrängt, unabhängig vom Verbreitungskanal – aber tunlichst keine Haushaltsabgabe erwähnt. Ist eine solche Abgabe das angestrebte Modell – und in welcher Form, die Zeitungsverleger fordern ja eine Medienabgabe, die praktisch alle Medienförderungen von ORF bis Zeitungen finanzieren soll?

Grasl: Die Zielrichtung, die Gebühr an den öffentlich-rechtlichen Content und nicht an den Verbreitungsweg zu koppeln, ist klar. Lösen kann man das über verschiedene Wege. Dazu braucht man nicht unbedingt eine Haushaltsabgabe.

STANDARD: Die ÖVP sammelt in diesen Tagen zusätzliche Abgeordnete im Nationalrat, und damit indirekt auch bürgerliche Stimmen im Stiftungsrat des ORF, der 2016 einen Generaldirektor wählt: Eine Vorbereitung auf ORF-Generaldirektor Richard Grasl – oder doch auf einen Zweiervorstand, mit Alexander Wrabetz oder zum Beispiel mit Kathrin Zechner?

Grasl: Wenn Sie die oben besprochenen Themen sehen, werden Sie erkennen, dass keine Zeit ist, um sich täglich mit einem neuen Gerücht auseinanderzusetzen. Ich halte alle Spekulationen für entbehrlich.

STANDARD: Was wurde eigentlich aus der ORF-Forderung nach individualisiertem Werbe-Targeting in Onlinemedien, die etwa für die Social-TV-Pläne des ORF wohl eine tragende Rolle spielen – ist die Forderung nach den bisherigen Anläufen ad acta gelegt?

Grasl: Nein, aber es hat in den letzten Wochen aber auch keine wichtige Rolle gespielt.

STANDARD: Und was wurde aus der Idee eines Start-up-Clusters im ORF, die Sie im Sommer 2014 im STANDARD-Interview präsentiert haben?

Grasl: Wir werden demnächst die ersten Start-ups, mit denen wir kooperieren wollen, auswählen.