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Picassos "Kopf eines jungen Mädchens" als Gegenstand von Begehrlichkeiten. Das 1906 in Öl gemalte Bild listet im Werkverzeichnis (1957) als Nr. 367 ("Buste de Jeune Femme", 54 x 42 cm).

Foto: APA/EPA/DOUANE/HANDOUT

Pablo Picassos Kopf eines jungen Mädchens von 1906 war bereits versandfertig verpackt, als Zollbeamte der Hafenpolizei in der Marina von Calvi (Korsika) auf einer unter englischer Flagge segelnden Yacht der spanischen Großbank Santander darauf stießen. Der kolportierte Wert der "heißen" Fracht: rund 26 Millionen Euro.

Mit an Bord war auch ein Gutachten zur Echtheit sowie der Bescheid des Madrider Nationalgerichtshofes vom Mai. Dieser stufte den Picasso als "Kulturgut von nationaler Bedeutung" ein, das nicht außer Landes gebracht werden dürfe. Ein Exportverbot hatte das Kulturministerium in Madrid bereits im Juli 2013 verhängt.

Das Frühwerk Picassos, der es als 24-Jähriger während eines Sommers im spanischen Pyrenäendorf Gósol (Lérida) malte, hätte in einem Privatjet in die Schweiz transportiert werden sollen. Dies verlautet aus spanischen Ermittlerkreisen, die ihren korsischen Kollegen den Tipp steckten.

Eigentümer des auf Leinwand gemalten Bildes ist dem Vernehmen nach Jaime Botín, Bruder des 2014 verstorbenen Direktors der Banco Santander Emilio Botín. Jaime Botín hatte den Picasso 1977 bei einer Kunstmesse in London für seine Privatsammlung erworben. Die aktuell anberaumte Verbringung ins Ausland dürfte im Zusammenhang mit einem Verkauf stehen. Ein solcher war schon Ende 2012 geplant, als über die Christie's-Niederlassung in Spanien ein formaler Ausfuhrantrag gestellt wurde. Dieser wurde abgelehnt, auch nachdem Botín argumentiert hatte, dass das Kunstwerk sich nicht auf spanischem Boden, sondern an Bord eines Segelschiffes im Hafen von Valencia befände.

Denn die unabhängige "Kulturerbe-Kommission" des zuständigen Ministeriums stufte den Picasso als "einzigartig" ein: "Weil es kein vergleichbares Werk in Spanien gebe"; "insbesondere aus der Gósol-Periode, in der Picasso von Plastiken der prähistorischen, iberischen Kunst beeinflusst war".

Der Eintrag in das nationale Kulturerbe-Register (Bien de Interés Cultural, kurz BIC) sollte folgen. Zeitgleich bemühte der Eigentümer das Höchstgericht, dessen Entscheid noch aussteht. Nun also der Versuch einer illegalen Ausfuhr. Standard-Recherchen zufolge könnte das als BIC deklarierte Werk nun in Staatsbesitz übergehen. Das besagt der Paragraf 29 des Kulturgutschutzgesetzes (von 1985), das in seinen Grundzügen aus der Franco-Diktatur stammt. Als glatte Enteignung von Privatbesitz bezeichnen Kritiker diese drohende Strafsanktion. (Jan Marot aus Granada, 6.8.2015)