Eduard Brückner analysierte frühere Klimaschwankungen.

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Julius Hann beschrieb das Wetter mit neuen Theorien der Physik.

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Wien – Dass der Mensch das Klima verändert, ist längst eine unbestrittene Tatsache. Und die Lage ist mittlerweile so dramatisch, dass rasches Handeln nötig ist. Seit wann aber weiß die Forschung, dass der Mensch ins Klimageschehen eingreift?

Zwar prägte der französische Mathematiker Joseph Fourier bereits im Jahr 1827 den Begriff "Treibhauseffekt", und der schwedische Chemiker Svante Arrhenius beschrieb als Erster den Einfluss von Kohlendioxid auf die Atmosphäre. Der eigentliche Pionier, der Klimaschwankungen wie auch menschliche Einflüsse auf das Klima analysierte, war ein Professor der Uni Wien: der 1862 geborene Geograf Eduard Brückner. Im Jahr 1890 veröffentlichte der aus Jena stammende Forscher das Werk Klimaschwankungen seit 1700, das ihn zu einer der führenden europäischen Autoritäten in Klimafragen machte, wie es ein US-Kollege formulierte.

Die Dynamik des Klimas

Brückners Studie war in zumindest zweifacher Hinsicht wegweisend, erläutert sein Wiederentdecker, der deutsche Soziologe Nico Stehr: "Zum einen trug sie dazu bei, Klima nicht als ein statisches, sondern als ein dynamisches Geschehen zu betrachten." Zum anderen sei Brückner davon ausgegangen, dass sich das Klima aufgrund des menschlichen Einflusses veränderte. Konkret bezog er sich etwa auf die Abholzung der Wälder rund um das Kaspische Meer und das Mittelmeer.

1906 wurde Brückner dann Professor an der Universität und blieb das bis zu seinem frühen Tod 1927. Brückner war nicht nur Gelehrter, sondern auch Popularisator und sehr daran interessiert, seine Ergebnisse in die Öffentlichkeit zu tragen: Er hielt öffentliche Vorträge, schrieb für Zeitungen, und seine Erkenntnisse wurden sogar in parlamentarischen Kommissionen erörtert.

Noch einflussreicher als Brückner war dessen um 23 Jahre älterer Kollege Julius Hann, einer der maßgeblichen Pioniere der modernen Meteorologie. Der im Mühlviertel geborene Hann kam 1867 an die heutige Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, deren Leitung er zehn Jahre später übernahm. Daneben war er Professor für die Physik der Erde an der Universität Wien.

In beiden Funktionen wurde er zum Wegbereiter einer modernen Erforschung des Wetters wie auch des Klimas: Hann entwickelte nicht nur Methoden, die komplexen meteorologischen Daten verwertbar zu machen. Vor allem bemühte sich Hann, die neuen Erkenntnisse der Physik – wie etwa die Thermodynamik – für die Analyse des Wettergeschehens nutzbar zu machen und konnte so erstmals die Entstehung des Föhns wissenschaftlich beschreiben.

Diese Verbindung von Empirie und Theorie hatte auch praktische Folgen, nämlich die Gründung von meteorologischen Observatorien wie jenem auf dem Sonnblick oder auf dem Hochobir, die auf Hanns Initiative zurückgehen: Ihm war aufgrund seiner Forschungen klar, dass Daten aus großer Höhe unumgänglich sind zur Vorhersage des Wetters in den Alpen.

Von den Alpen in die Welt

Hann, der ebenso wie Brückner ein Spezialist für das Wetter und das Klima Österreichs war, dachte aber auch räumlich weit darüber hinaus: Er beschäftigte sich unter anderem mit der Entstehung tropischer Wirbelstürme und veröffentlichte 1883 das zunächst einbändige Handbuch für Klimatologie, das in dritter Auflage 1911 bereits auf drei Bände angewachsen war. Und als er 1910 als Professor der Universität Wien emeritierte, dankte ihm der Kaiser für sein Lebenswerk mit der Erhebung in den Adelsstand.

Der Zusatz Julius von Hann ging nach 1918 ebenso verloren wie das Wissen um die Pionierleistungen Eduard Brückners: In der Klimatologie setzte sich für Jahrzehnte die irrige Annahme durch, dass Klima etwas Statisches sei. Umso überraschter waren Klimaforscher, als Nico Stehr sie mit Brückners Behauptungen konfrontierte: "Die Naturwissenschaft hat ja sehr oft nur ein bescheidenes historisches Gedächtnis. Oft genug kennen heutige Forscher jene Riesen nicht mehr, auf deren Schultern sie stehen." (Klaus Taschwer, 5.8.2015)