Mexiko-Stadt – In einer Wohnung in Mexiko-Stadt ist ein Pressefotograf ermordet aufgefunden worden. Bei dem Mann handle es sich um den 31-jährigen Ruben Espinosa, der unter anderem für das renommierte Magazin "Proceso" gearbeitet habe, teilte die Medienrechtsorganisation Articulo 19 am Sonntag (Ortszeit) mit. Sein Tod löste landesweite Proteste aus.

Leichnam weist Folterspuren auf

Insgesamt fünf Leichen waren am Freitagabend in einem Haus in einem Mittelschicht-Viertel in der mexikanischen Hauptstadt nach einem Anruf von Nachbarn gefunden worden. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft waren die Leichen mit Schusswunden übersät, die Opfer waren außerdem mit Klebeband gefesselt und wiesen Folterspuren auf. Den Justizbehörden zufolge wiesen die Leichen auch Prellungen auf, die "zweifellos" von einem Kampf stammten.

Zum Motiv für die Bluttat wurden zunächst keine Angaben gemacht. Espinosa sei vor zwei Monaten aus der südöstlichen Stadt Veracruz geflohen, nachdem er Drohungen erhalten habe, sagte ein Sprecher von Articulo 19 der Nachrichtenagentur AFP. Die Zeitschrift "Proceso" verkündete Espinosas Tod auf ihrer Website und gab an, die Leiche des Fotografen habe Spuren eines Schlags ins Gesicht und zwei Schusswunden aufgewiesen.

Neben Espinosa wurden vier Frauen getötet. Bei ihnen handelte es sich nach Angaben von Articulo 19 nicht um Journalistinnen. Sie seien Freundinnen von Espinosa gewesen, darunter eine Menschenrechtsaktivistin aus Veracruz, teilte die Zeitschrift "Proceso" mit. Laut Articulo 19 handelte es sich um die Aktivistin Nadia Vera.

Proteste gegen die Behörden

Mit Espinosa wurden seit Jahresbeginn sieben Journalisten in Mexiko getötet. Sein gewaltsamer Tod löste Erschütterung aus. In Xalapa, der Hauptstadt des Bundesstaates Veracruz, demonstrierten Sonntag früh etwa hundert Menschen aus Trauer um ihn. Dort hatten sich bereits am Samstagabend Trauernde versammelt und Kerzen angezündet.

In Mexiko-Stadt gingen 2.000 Menschen auf die Straße und riefen "Gerechtigkeit, Gerechtigkeit". Sie hielten Fotos von Espinosa in die Höhe und warfen den Behörden vor, für das Verbrechen verantwortlich zu sein. Unter den Demonstranten waren zahlreiche Journalisten. Sie versammelten sich auch vor der Vertretung des Bundesstaats Veracruz in Mexiko-Stadt und warfen Gouverneur Javier Duarte vor, für die Gewalt verantwortlich zu sein, bei der seit 2010 insgesamt 13 Journalisten in dem Bundesstaat getötet worden seien.

Proteste gab es auch in zahlreichen anderen mexikanischen Städten. Zu den Teilnehmern der Proteste in Guadalajara, Chilpancingo, Acapulco, Oaxaca und Cancun zählten auch Pressefotografen, die mit ihrer Kamera in der einen und einem Bild von Espinosa in der anderen Hand demonstrierten.

Bestechungsversuche

Espinosa arbeitete neben der Zeitschrift "Proceso" auch für die Zeitung "AVC Noticias" in Veracruz. 2013 war er bereits bei einer dortigen Demonstration von Polizisten geschlagen worden. Dennoch ließ er sich nicht einschüchtern und warf zuletzt den örtlichen Behörden vor, die Meinungsfreiheit einzuschränken und bestimmte Journalisten zu bestechen, um Kritiker zum Schweigen zu bringen.

In Mexiko tobt ein Drogenkrieg zwischen verfeindeten Kartellen, bei dem seit 2006 mehr als 100.000 Menschen getötet wurden. 22.000 Menschen gelten als vermisst. Besonders beim Fund von Leichen mit Folterspuren gehen die Behörden oft von Opfern der Drogengewalt aus – allerdings sind diese in der Hauptstadt vergleichsweise selten. Der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge wurden in den vergangenen zehn Jahren mehr als 80 Journalisten in Mexiko getötet. 17 gelten als vermisst. (APA, 3.8.2015)