In sozialen Netzen kommentieren Leser die Ermittlungen. Zu finden sind die Kommentare unter #Landesverrat.

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Landesverrat. So lautet der Vorwurf. Gegen Journalisten des deutschen Blogs netzpolitik.org wird ermittelt, weil sie Staatsgeheimnisse verraten haben sollen. Sie wurden zu mutmaßlichen Landesverrätern, als sie über interne Pläne des Verfassungsschutzes (VS) zur Internet-Überwachung berichteten. Kurz: Sie haben ihren Job gemacht. Dass dies die ermittelnde Bundesanwaltschaft ignoriert, ist unverständlich und ein Angriff auf die Pressefreiheit.

Gerade beim Verfassungsschutz gilt es genau hinzusehen. Der Geheimdienst sorgt seit Jahrzehnten immer wieder für handfeste Skandale. So wurde die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) nicht als solche erkannt – obwohl es im Umfeld der rechten Terrorgruppe von Spitzeln des Verfassungsschutzes nur so wimmelte. Ein Umstand, der größtenteils durch Recherchen von Journalisten ans Tageslicht gekommen ist.

Auch im Zuge der NSA-Affäre versagte die Organisation. Von den Überwachungsaktivitäten des US-Geheimdienstes, etwa die Ausspähung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, erfuhr sie aus den Medien.

Solidarität in sozialen Netzen

Auf Landesverrat steht mindestens ein Jahr Haft. Man kann sich ausmalen, unter welchem Druck die Journalisten von netzpolitik.org nun stehen. Ihnen schwappt aber auch eine Welle der Solidarität entgegen. In sozialen Netzen empören sich Leser, Politiker, Aktivisten und Journalisten nicht nur, sondern spenden Geld, planen Demonstrationen und veröffentlichen die Dokumente des VS auf ihren Webseiten. So kann man schwere Zeiten überstehen. Die Leser haben verstanden: Eine Demokratie braucht Landesverräter.

Landesverrats-Ermittlungen gegen missliebige Medien sind in Deutschland nicht neu. 1962 wurden Redakteure des Nachrichtenmagazins "Spiegel" in Haft genommen, nachdem sie geheime Rüstungspläne der westdeutschen Regierung öffentlich gemacht hatten. Dies löste einen Aufschrei der Zivilgesellschaft aus, die Journalisten wurden freigesprochen und die Pressefreiheit gestärkt. Ein Ende, das man auch netzpolitik.org wünscht. (Markus Sulzbacher, 31.7.2015)