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Flüchtlinge versuchen Polizisten zu entkommen.

Foto: EPA/YOAN VALAT

London – Mit mehr Zäunen und Spürhunden will der britische Premierminister David Cameron dem Flüchtlingsandrang auf der französischen Seite des Eurotunnels entgegentreten. Die Fluchtversuche und die dadurch verursachten Behinderungen des Zugverkehrs unter dem Ärmelkanal seien "inakzeptabel", sagte Cameron am Freitag in London.

In der Nacht auf Freitag hatten erneut hunderte Flüchtlinge versucht, nahe der nordfranzösischen Hafenstadt Calais zum Eurotunnel vorzudringen. "Die Situation ist inakzeptabel", sagte Cameron nach einer Dringlichkeitssitzung von Ministern und Sicherheitsvertretern in London. "Menschen versuchen illegal in unser Land zu kommen, und hier gibt es Behinderungen für Fernfahrer und Urlauber. Wir werden mehr Zäune, mehr Mittel, mehr Spürhunde-Staffeln schicken."

"Schwieriges Thema den ganzen Sommer über"

Die Flüchtlingskrise werde "den gesamten Sommer über ein schwieriges Thema" bleiben, sagte der konservative Premier voraus. "Wir wissen, dass wir mehr machen müssen. Wir schließen keinerlei Aktion aus, um mit dieser Situation umzugehen."

Seit Wochen versuchen nahe Calais immer wieder hunderte Flüchtlinge nachts zum Eurotunnel vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen, wo sie sich mehr Chancen ausrechnen. Hunderte Polizisten und private Sicherheitsleute versuchen, sie vom riesigen Gelände um den Tunnel-Eingang und von den Zügen fernzuhalten. Der Flüchtlingsansturm führt immer wieder zu Behinderungen im Zugverkehr.

Die Behörden zählten im Verlauf der Woche teilweise rund 2.000 abgewehrte Fluchtversuche pro Nacht. Die Zahl der Flüchtlinge liegt aber niedriger, weil einige in einer Nacht mehrfach versuchen, die Zäune vor dem Eurotunnel-Eingang zu überwinden. Nachdem die französische Regierung 120 zusätzliche Polizisten nach Calais schickte, sank die Zahl der Fluchtversuche zuletzt.

Flüchtlinge umzingelt

In der Nacht auf Freitag wurden nach Worten eines Polizisten "mehr als tausend Versuche" von Flüchtlingen abgewehrt, zum Tunnel vorzudringen. Rund 30 Flüchtlinge seien abgeführt worden. Zudem umzingelte die Polizei in der Nacht rund 200 Flüchtlinge, die zum Eurotunnel gelangen wollten, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete.

Cameron sagte in London, er wolle Frankreichs Staatschef François Hollande telefonisch für die "zusätzlichen Polizeikräfte danken, die eingesetzt wurden und die eine gewisse Wirkung gezeigt haben". Großbritannien sei bereit, mehr zu helfen, "um den Druck auf jener Seite der Grenze zu mindern". Großbritannien hat bereits umgerechnet 32 Millionen Euro zugesagt, um die Sicherheitsvorkehrungen auf der französischen Seite des Eurotunnels zu verstärken.

Frust bei Polizisten

Bei französischen Polizisten in Calais macht sich unterdessen zunehmend Frustration über das nächtliche "Katz-und-Maus-Spiel" mit den Flüchtlingen breit. "Es ist zermürbend: Wir ergreifen manche, übergeben sie der Grenzpolizei – und 20 Minuten später kommen sie wieder", sagte ein Beamter der AFP. Die Polizisten müssten gegen "arme Leute" vorgehen, die "im Elend" leben.

In Calais leben den Behörden zufolge derzeit rund 3.000 Flüchtlinge, die meisten von ihnen stammen aus Eritrea, Äthiopien, Afghanistan und dem Sudan. Viele von ihnen leben in einem "New Jungle" (Neuer Dschungel) genannten improvisierten Lager rund sieben Kilometer vom Eurotunnel-Gelände entfernt. Bei ihren verzweifelten Fluchtversuchen sind seit Anfang Juni zehn Migranten tödlich verunglückt. (APA, 31.7.2015)