In der Kommentierung heimischer Innenpolitik gibt es ritualisierte Fragespiele, die in regelmäßigen Abständen medial recycelt werden: Wann zerbröselt es die Regierungskoalition endgültig? Wird Erwin Pröll endlich zugeben, dass er nichts sehnlicher wünscht, als Bundespräsident anstelle des Bundespräsidenten zu sein? Oder: Was passiert, wenn die FPÖ in der Regierung sitzt?

Letztgenanntes Thema wird zumeist mit Personalspekulationen garniert in denen das Wort "ministrabel" auf seine äußerste Belastbarkeit hin gedehnt wird. Schließlich möchte man wissen, wer die Krügers, Sickls, Reichholds, Forstingers, Böhmdorfers, Scheibners, Gorbachs und Grassers der Zukunft sein könnten und ob sie das Zeug dazu haben, die von ihren Vorgängern gelegte Latte noch tiefer im Erdreich zu vergraben. Dabei müsste man sich gar nicht in Mutmaßungen ergehen, hat diesbezüglich doch der Chef persönlich bereits für Klarheit gesorgt. Auf dem Bundesparteitag 2011 stellte Heinz-Christian Strache sein bis zum heutigen Tag nicht widerrufenes "Zukunftskabinett" vor. Sich selbst sieht er darin als Bundeskanzler oder Innenminister – möglicherweise möchte er hier erst nach Konsultation seiner Wahrsagerin eine Entscheidung treffen – auf anderen Positionen hat er seine Auffassung von "Regierungstauglichkeit" schon eindeutig zum Ausdruck gebracht: Mit Martin Graf als Justizminister wäre dieses Amt endlich in Händen eines hoch spezialisierten Stiftungs- und Erbrechtsexperten, der diese trockene Materie mit tabuloser Kreativität zu interpretieren weiß. Andreas Mölzer als Straches Außenminister würde die Kosten für Staatsbesuche schlagartig auf einen neuen Tiefstand, noch deutlich unter jenem der Waldheim-Ära, senken. Der als Infrastrukturminister vorgesehene Uwe Scheuch könnte in allen drei Kernbereichen des Ministeriums punkten: Verkehr (Experte für Kfz-Versicherungsfragen im benachbarten Ausland), Innovation (Erfinder der "Part of the game" -Spieltheorie) und Technologie (Umkehrung des Kausalitätsprinzips durch Erhalt einer bedingten Haftstrafe wegen Bestechlichkeit bereits vor Antritt des Ministeramts).

Warum Strache den nicht unbedingt für seine soziale Kompetenz bekannten Herbert Kickl zum Sozialminister machen möchte, erschließt sich erst jetzt, da auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, was für ein großes Anliegen Umverteilung für Kickl darstellt, dessen Distanz zum Unternehmertum ihn sogar aus Scham seine Firmenbeteiligungen geheim halten lässt.

Alles in allem also ein Schattenkabinett, in dem die Sonne zwar nicht vom Himmel gefallen ist, aber zwergenfreundlich tief steht und auch eine Umnachtung zu bieten hat: den Finanzminister Harald Dobernig. Dieser geriet unlängst wieder in die Schlagzeilen, nachdem ein Ex-Mitarbeiter gestanden hatte, dass er zuvor geschredderte Akten zum Birnbacher-Korruptionsskandal gemeinsam mit Dobernig in die Glan geworfen hat.

Die griechische Mythologie kennt den Fluss Lethe als Strom des Vergessens in der Unterwelt. Sollte sich die künftige FPÖ-Regierungsmannschaft so wie Dobernig davon inspirieren lassen, könnte ein veritables Umweltproblem auf unser Land zukommen.(Florian Scheuba, 29.7.2015)