Dokumentarfilm im Ersten: Das Golddorf.

Screenshot/ARD Mediathek

Ein Dokumentarfilm über heimatlose Flüchtlinge und heimatliebende Bayern.

Screenshot/ARD Mediathek

Statistiken brauchen ein Stück Lebenswirklichkeit, um als Bilder zu greifen. Mit seiner Aufzählung größerer Gemeinden, die bisher keine oder kaum Flüchtlinge aufgenommen haben, brachte Armin Wolf den niederösterreichischen Landeshauptmann in der ZiB2 gehörig unter Druck. Dass sich die Überbelegung des Lagers Traiskrichen positiv auf die Aufnahmestatistik seines Bundeslandes auswirken würde, das wollte Erwin Pröll partout nicht akzeptieren – der Dialog geriet in der Folge zum deprimierenden Prozentrechnen-Slam.

Dass es nur stärkeren politischen Nachdruck braucht, um andere Wirklichkeiten zu schaffen, davon konnte man sich dagegen auf ARD vergewissern: Am Stammtisch im bayerischen Bergen, das gerade mal 5000 Einwohner zählt, diskutieren die Männer über die Asylanten, die im einstigen Stammgasthaus untergebracht wurden. Nach einer kleinen, nicht besonders leidenschaftlich geführten, Kontroverse ist man sich einig: Es sei bei diesem Thema politischer Gestaltungswille gefragt. Kein dummes Resummée beim Mittagsbier.

Bergen wird in der Dokumentation Das Golddorf von Carolin Genreith zum Beispiel dafür, dass selbst in einer traditionsbewussten Gemeinde, die etwas auf ihre Trachten und Schuhplattler-Künste hält, der ungewohnte Anblick dunkelhäutiger Männer nicht gleich zur Zerreissprobe werden muss. Gewiss, jeder Einzelne wird ein wenig aus der Reserve gelockt.

Genreiths raffinierter Trick ist ein Perspektivenwechsel. Mit den Augen der beiden Flüchtlinge aus Afghanistan und Eritrea blicken wir auf das propere Örtchen, in dem man ein inniges Heimatgefühl lebt und das sich dennoch nicht vor der Welt ganz abschottet. (Dominik Kamalzadeh, 30.7.2015)