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Asylwerber in einem Schlafraum, aufgenommen am 9. Juli 2015.

Foto: APA / HELMUT FOHRINGER

Wien/Traiskirchen – Die Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen steht vor einem Aufnahmestopp. Ab kommender Woche dürften in die vollkommen überfüllte Einrichtung in der niederösterreichischen Gemeinde keine neuen Asylwerber mehr aufgenommen werden. Angesichts der unhaltbaren Zustände mit hunderten Obdachlosen auf dem Gelände wird das Innenressort aller Voraussicht nach neue Notquartiere schaffen.

Offiziell haben die Länder noch bis Ende des Monats, also bis Samstag, Zeit, genügend Unterkünfte zu schaffen, um eine Entlastung Traiskirchens zu ermöglichen. Immerhin beherbergt die örtliche Aufnahmestelle, die für rund 1.800 Personen ausgelegt ist, mittlerweile etwa 4.500 Flüchtlinge. Doch es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass bereits in den kommenden Tagen genug Unterkünfte seitens der Länder angeboten werden, um zu einer echten Entspannung der Lage beizutragen.

Druck aus Niederösterreich

Druck kommt derweil von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), der gestern in der "ZiB 2" kundtat, eine gesundheitspolizeiliche Untersuchung in Traiskirchen angeordnet zu haben. Denn es gebe die latente Gefahr von Epidemien und Seuchen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederum kündigte gestern in der "ZiB 1" an, Traiskirchen als Anlaufstelle zu stoppen, "wenn die Bundesländer bis zum 31. Juli keine tragfähigen Konzepte auf den Tisch legen".

Da auch die bereits in Betrieb befindlichen Verteilerquartiere in den Ländern voll sind, müssen wohl seitens des Bunds neue Kapazitäten geschaffen werden. Aus dem Innenministerium hieß es auf Anfrage, dass man an der Bereitstellung von notdürftigen Quartieren arbeite.

Auf Details will man sich vorerst nicht einlassen. Als möglich gilt beispielsweise, dass wie beim umstrittenen Quartier in Spital am Semmering im Vorjahr jetzt wieder größere, allenfalls leerstehende Hotels angemietet werden, um dort größere Flüchtlingsgruppen unterbringen zu können. Auch weitere Zeltstädte sind nicht auszuschließen. Eher unwahrscheinlich sind Container-Lösungen, da hier in den meisten Bundesländern die Zustimmung der Gemeinden notwendig wäre.

Aufnahmestopp bahnt sich an

Mit dem sich anbahnenden Aufnahmestopp in Traiskirchen würde das Innenministerium einem Appell des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR entsprechen. Die Situation sei "untragbar, gefährlich und menschenunwürdig", meinte Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich, anlässlich eines Besuchs in Traiskirchen. Es brauche äußerst rasch kurzfristige Übergangslösungen, um die Obdachlosigkeit zu beenden.

Das UNHCR geht davon aus, dass aufgrund der weltweiten Krisen die Zahlen der Asylsuchenden global und auch in Europa auf hohem Niveau bleiben werden: "Wir schlagen vor, eine Taskforce zu gründen, um eine mittel- und langfristige Strategie im Asylbereich zu erarbeiten." Vordringlich erscheint Pinter dabei auch eine Erhöhung der Tagsätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, um adäquate Betreuungsplätze für sie zu finden.

Bundesheer soll unterstützen

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat am Mittwoch gefordert, anlässlich der ungelösten Asylthematik in Österreich und der Europäischen Union schnellstmöglich einen Fünf-Punkte-Plan umzusetzen. Außerdem sei ein Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres "zur Unterstützung der vielfältigen Aufgaben der Polizei" für ihn "durchaus denkbar".

Die Errichtung eines Erstaufnahmezentrums an der EU-Schengenaußengrenze sei "unumgänglich". "Wenn der Asylstatus vergeben wird, müssen die Flüchtlinge gemäß einer europäischen Quote auf alle EU-Länder aufgeteilt werden", betonte Niessl. Und es müsse eine Asylobergrenze definiert werden, forderte er. Im Burgenland betrage diese ca. ein Prozent der Bevölkerung. Nur so könne ein gemeinsames Zusammenleben ohne gröbere Konflikte vonstattengehen. Die Asylthematik wieder in komplette Bundeskompetenz zu geben ist ein Vorschlag, den man ohne Tabus diskutieren sollte, meinte der Landeshauptmann.

"Ich fordere bereits seit längerer Zeit Grenzkontrollen zur stärkeren Bekämpfung von internationalen Schlepperbanden. Dieser Forderung hätte man schon längst nachkommen müssen. Zudem ist ein gezielter Ausbau der Schleierfahndung dringend vonnöten. Dieser Punkt kann nur in Verbindung mit einer Personalaufstockung der Exekutive effektiv umgesetzt werden", so Niessl.

Flüchtlingszahl begrenzen

Aus den anderen Bundesländern kommt ebenfalls der Wunsch, die Zahl der Flüchtlinge, die nach Österreich dürfen, insgesamt zu begrenzen. Außerdem wird einem zeitlich befristeten Asylstatus das Wort geredet. Nicht nur Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) forderte solches am Mittwoch, auch seine Kärntner Parteifreunde äußerten sich in diesem Sinn.

Haslauer will einen Punkt, an dem es genug ist mit Hilfesuchenden in Österreich, definiert haben, schrieben die "Salzburger Nachrichten" am Mittwoch. Die Bevölkerung frage sich: "Wie viele noch?", und das müsse die Regierung rasch beantworten. "Erstens: Wie viele Flüchtlinge nimmt Österreich insgesamt auf? Zweitens: Was ist mit dem Konzept von befristetem Asyl? Und drittens: Was ist der Plan auf europäischer Ebene?", so Haslauer in der Zeitung.

Die Kärntner ÖVP sprach sich am Mittwoch via Aussendung ebenfalls für Asyl-Obergrenzen aus. Landesparteiobmann Christian Benger bezeichnete Österreich als "Sozialschlaraffenland" und meinte: "Wir brauchen eine klare Obergrenze, denn alles werden wir einfach nicht verkraften können." Die Frage "Wie viele denn noch?" stehe täglich im Raum. Es sei zu hinterfragen, dass anerkannte Flüchtlinge Zugang zu Sozialleistungen bekommen. Daher brauche es ein Konzept für zeitlich befristetes Asyl. (APA, 29.7.2015)