Das kann man getrost als schallende Ohrfeige bezeichnen, was der Verfassungsgerichtshof verabreicht hat. Das Hypo-Sondergesetz wurde zur Gänze gekippt – ohne Reparaturfrist. Wichtig wäre jetzt, dass die Maßregelung verstanden wurde. Auf die Hypo und ihre Nachfolgeeinheit Heta gemünzt, heißt das: Endet nun das Spiel mit gezinkten Karten samt Vernebelungstaktik, das nur dem Verschieben von Belastungen in die Zukunft dient, und wird endlich reiner Wein eingeschenkt?

Hier gab es zuletzt verschiedene Wahrnehmungen. Einerseits hat Hans Jörg Schelling mit dem hoffentlich budgetschonenden Zahlungsstopp der Heta einen Schritt gesetzt, der zumindest eine gewisse Chance hat, vor den Höchstgerichten zu halten. Doch auch die Beteiligung der Gläubiger an den Aufräumkosten des Kärntner Kriminalfalls ist möglicherweise mit Konstruktionsfehlern versehen. Dass das zugrunde liegende EU-Recht die Anwendung der entsprechenden Richtlinie für Abbaueinheiten gar nicht vorsieht, könnte ein solcher Mangel sein, der das Haus zum Einsturz bringt. Ein Münchner Gericht hat bereits die Anwendbarkeit der EU-Bestimmungen verneint.

Entschieden ist dadurch nichts, doch dass die ausländischen Gläubiger alles unternehmen werden, um die österreichische Vorgangsweise zu bekämpfen, kann nicht überraschen. Und selbst wenn das Abwicklungsgesetz samt Moratoriumsbescheid halten sollte, wäre da noch die Frage der Kärntner Haftungen. Lässt die Republik das Bundesland im Regen stehen, wenn die Ausfallsbürgschaft schlagend wird, oder springt doch wieder der Steuerzahler ein?

Neben den rechtlichen und politischen Unwägbarkeiten wäre da noch die Frage nach der Höhe des Schadens. 5,5 Milliarden Euro wurden bereits in die Ex-Hypo gepumpt; rund acht Milliarden Euro groß ist die Finanzlücke, die in der Heta klafft. Doch das ist längst nicht alles. Mit dem Verkauf des Südosteuropanetzes an einen Beteiligungsfonds wurden hohe Bürgschaften übernommen, dazu kommt der Zuschussbetrieb in Italien. Alles in allem wird die Hypo wohl um die 15 Milliarden Euro mit ins Grab nehmen.

Schelling muss zugutegehalten werden, dass er das Heft in die Hand genommen hat. Doch die neue Transparenz hinsichtlich des Schadens und Budgetlochs sucht man vergeblich. Allein die gestrige Stellungnahme seines Ressorts, wonach der Spruch der Verfassungshüter keine direkten Auswirkungen auf den Bund habe, verstärkt Zweifel an einer ehrlichen Kommunikation. Gleichzeitig musste nämlich die Heta bekanntgeben, wegen des Erkenntnisses 800 Millionen in den Rauchfang schreiben zu müssen.

Schwebt die Abbaueinheit in einer um Lichtjahre entfernten Galaxie, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat? Auch Kärnten reagiert außerirdisch – Finanzlandesrätin Gaby Schaunig gibt ebenfalls vor, nicht betroffen zu sein. Hat sich mit dem Erkenntnis des Höchstgerichts nicht gerade eben das Haftungsrisiko des Landes deutlich erhöht?

Nein. Derzeit vermitteln wichtige politische Player in der Causa Hypo nicht gerade den Eindruck, dass die Botschaft der Verfassungsrichter verstanden worden wäre: Die Folgen jahrelanger Schadensmaximierung durch Problemverweigerung, die negativen Auswirkungen auf Glaubwürdigkeit und Rechtsstaatlichkeit der Republik waren für eine Kurskorrektur offenbar nicht groß genug. (Andreas Schnauder, 28.7.2015)