Eine Familie in einem Eck des Polizeiwarteraums in Traiskirchen.

Foto: Die Grünen

Ein Syrer blickt aus dem Polizeiwarteraum in Traiskirchen auf die Zelte der Obdachlosen.

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Bis zu 48 Stunden müssen Flüchtlinge warten. Festgenommene tragen gelbe Armbänder, erzählen die Grünen.

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Wien – Eine Familie mit Kindern und einem Baby sitzt in der Ecke des Warteraums der im Lager Traiskirchen befindlichen Polizeiinspektion. Sie tragen gelbe Armbänder, die signalisieren würden, dass eine Person "festgenommen" sei, sagt Alev Korun, Migrationssprecherin der Grünen.

Bei ihrem Besuch im Lager Traiskirchen am Montag habe sie die "schreckliche Feststellung" machen müssen, dass alle Neuankommenden bis zu 48 Stunden festgenommen würden. So lange würden die Flüchtlinge auf ihre Zulassung zum Asylverfahren warten. Es handle sich um eine "Weisung des Innenministeriums" infolge der seit 20. Juli geltenden neuesten Asylnovelle.

Schlechte Zustände

Die festgenommenen Flüchtlinge dürften sich laut Korun auf dem Gelände kaum frei bewegen. Ihnen werde "ein Eck im Warteraum" zugewiesen, in dem sie bis zu zwei Tage bleiben müssten. Duschen gebe es nicht. Auch die Versorgung mit Essen und Trinken lasse zu wünschen übrig: Wasser könnten sie lediglich von den Waschbecken in den Toiletten holen. Die Männertoilette sei so verdreckt, dass die männlichen Asylwerber die Frauenanlagen verwenden müssten – die ebenfalls in schlechtem Zustand seien.

Zudem müssten die Flüchtlinge oft stundenlang auf Essen warten: "Mir wurde von einer Familie erzählt, die am ersten Tag erst gegen 15.30 Uhr ein Lunchpaket bekam, angekommen waren sie am Morgen."

Zwei Tage im Anhaltezentrum

Für zwei Tage wurden wiederum im Anhaltezentrum Hernalser Gürtel, wo auch Schubhäftlinge untergebracht werden, zwei Syrer eingesperrt. Sie haben vergangene Woche begleitet von ihrem Onkel sowie Herbert Langthaler von der Asylkoordination in der Wiener Polizeiinspektion Juchgasse den Asylantrag gestellt.

Der Ton in der Polizeiinspektion sei recht rau gewesen, schildert Langthaler: "Der Onkel, der selbst seit 40 Jahren österreichischer Staatsbürger ist, wurde von einem Beamten mit den Worten 'Und Sie haben die beiden über die Grenze geschleppt?' begrüßt."

Die ins Anhaltezentrum transferierten Neffen seien erst nach 48 Stunden polizeilich ersteinvernommen worden – um anschließend nach Traiskirchen geschickt zu werden, das nunmehr als Verteilerzentrum fungiert.

Für Korun ist derlei Freiheitsentzug widerrechtlich. Laut Artikel 8 der EU-Anhalterichtlinie sei es verboten, Flüchtlinge nur deshalb zu inhaftieren, weil sie einen Asylantrag stellen. Einzig eine Einzelfallprüfung erlaube dies. "Diese Prüfung gibt es nicht, wenn alle eingesperrt werden."

Nichts Widerrechtliches

Im Innenministerium kann Sprecher Karl-Heinz Grundböck am Freiheitsentzug für Asylantragsteller nichts Widerrechtliches erkennen. Die bis zu 48 Stunden lange polizeiliche Anhaltung von Fremden, um deren Identität und Aufenthaltsstatus zu überprüfen – auch in Anhaltezentren –, sei keineswegs neu, sagt er: "Das gab es auch schon vor der jüngsten Asylnovelle."

Die Zustände im Wartebereich der Polizeiwachstube in Traiskirchen seien "wohl auch nicht anders als in dem völlig überfüllten Lager insgesamt".

Das alles sei schon richtig, meint dazu der Anwalt Georg Bürstmayr: "Aber geplant war mit der Novelle sicher nicht, Flüchtlinge bei der Polizei zu inhaftieren – was übrigens auch die Polizei über Gebühr belastet." Sollte derlei Einsperrung in Österreich nun gängige Praxis sein, wäre es "europarechtlich höchst bedenklich". Mittelfristig müsste dann "geprüft werden, ob Dublin-Rückschiebungen nach Österreich menschenrechtlich noch akzeptabel sind".

Die "Kronen Zeitung" wiederum berichtet von einem "Fünf-Punkte-Plan" des Innenministeriums im Kampf gegen Schlepperei. Dieser sehe verstärkte Grenzkontrollen zu Ungarn, eine Aufstockung der Ermittlungsteams, Strafverschärfungen gegen Schlepper sowie eine Spezialisierung von Staatsanwälten vor. (Irene Brickner, Oona Kroisleitner, 28.7.2015)