Wien – Fortschreitende Nierenschäden mit dem Versagen der Organe und Dialysepflichtigkeit sind eine gefürchtete Folge von Diabetes. Die EU-SysKid-Forschergruppe unter Beteiligung österreichischer Wissenschaftler weist jetzt in einem umfangreichen Supplement der Zeitschrift "Nephrology Dialysis Transplantation" auf die komplexen Fragestellungen und die wachsende Zahl der Patienten hin.
"Bei der Reduktion der Begleiterkrankungen von Diabetes, zum Beispiel beim Herzinfarkt oder beim Schlaganfall, sind in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte gemacht worden. Der geringste Rückgang bei allen Begleiterkrankungen konnte bei der chronischen Nierenerkrankung (CDK) gemacht werden", schreiben die Autoren.
Mit dem Forschungsrahmenprogramm der EU wurde 2010 das "SysKid"-Netzwerk gestartet. Der Name steht für "Systembiology für neue Diagnose und Behandlung bei chronischer Nierenerkrankung". Insgesamt waren 26 Forschergruppen aus 15 Staaten beteiligt.
Einzelne Biomarker wenig erfolgsversprechend
Ein Problem bei der chronischen Nierenerkrankung als Folge von Diabetes liegt in der mangelnden Vorhersagbarkeit des Verlaufs der Erkrankung. Bei manchen Patienten schreiten die Nierenschäden schnell bis zum terminalen Nierenversagen voran, bei anderen wiederum ist der Krankheitsverlauf viel langsamer.
Die Suche nach einzelnen Biomarkern, mit denen man dieses Risiko genauer bestimmen kann, dürfte niederländischen SysKid-Forschern zufolge wenig Erfolg versprechen: "Da die diabetische Nierenerkrankung mehrere krankheitsverursachende Faktoren umfasst, dürfte eine Kombination von Biomarkern die Krankheitsprognose eher verbessern als ein einzelner Biomarker."
Der Verlauf der Nierenerkrankung infolge von Typ-2-Diabetes lässt sich zumindest ansatzweise durch eine Ernährungsumstellung beeinflussen, schreibt ein internationales Forscherteam. Konnten Diabetes-Patienten im Rahmen von klinischen Studien mit fast 3.100 Probanden die Qualität ihrer Ernährung deutlich verbessern, ließen sich rund drei Prozent der Fälle von diabetischer Nephropathie beziehungsweise deren Fortschreiten verhindern, ebenso rund zehn Prozent der Todesfälle.
Alarmierende Prognosen
Knapp 600.000 Österreicher leiden an Typ-2-Diabetes. Die Zahl der Betroffenen hat sich in den vergangenen 17 Jahren in Mitteleuropa um etwa 40 Prozent erhöht. Nun haben österreichische, niederländische und italienische SysKid-Forscher versucht, die Entwicklung der Häufigkeit der chronischen Nierenkrankheit bis zum Jahr 2025 vorherzusagen.
Demnach dürfte in Österreich in den nächsten zehn Jahren fast jeder vierte Zuckerkranke zumindest an moderaten Nierenfunktionsstörungen leiden. Rund 4.300 Patienten könnten dann ein terminales Nierenversagen als Spätfolge der Zuckerkrankheit aufweisen. Laut Schätzungen dürften zwischen 2012 und 2025 die Zahl der Diabetiker mit schwersten Nierenschäden beziehungsweise Nierenversagen jährlich um 3,2 Prozent steigen.
Ein solcher Anstieg bedeutet im Vergleich zu der Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit eine Trendumkehr. Im Jahr 2012 waren in Österreich exakt 4.290 Personen Dialysepatienten (Hämodialyse und Bauchfelldialyse), 4.365 Menschen lebten mit transplantierten Nieren. Typ-2-Diabetiker und Hypertoniker machten rund 50 Prozent der Patienten mit Nierenersatztherapie aus. Der Anteil der Diabetiker war einige Jahre lang etwas rückläufig. Seit 2007 benötigten in Österreich weniger Diabetiker eine Dialyse. (APA, 28.7.2015)