Salzburg – Seit drei Jahren sinkt die Zahl der Privatinsolvenzen österreichweit. Von 2012 auf 2014 ging die Zahl der Privatkonkurse um elf Prozent auf 8.568 zurück. Ein Grund dafür sei, dass sich viele die Privatinsolvenz nicht mehr leisten können, betont der Leiter der Salzburger Schuldenberatung Peter Niederreiter. Betroffen seien etwa Arbeitslose, Mindestpensionisten oder Alleinerzieherinnen.

"Das Problem würde es nicht geben, wenn die Mindestquote von zehn Prozent fallen würde", sagt Niederreiter. Die Mindestquote solle – wie auch in anderen EU-Ländern – ersatzlos gestrichen werden. Nur noch in Tschechien und Österreich gebe es die Zehn-Prozent-Quote. Schuldnern in Privatinsolvenz wird in einem Abschöpfungsverfahren sieben Jahre lang jedes Einkommen, das über dem Existenzminimum liegt, gepfändet. Nach Ablauf des Verfahrens müssen derzeit aber mindestens zehn Prozent der Schulden beglichen sein, um eine Restschuldbefreiung zu bekommen.

Auch Sozialreferenten wollen Quote streichen

"Daran scheitern viele, da ihr Einkommen nicht ausreicht, um die Mindestquote zu bezahlen", erklärt Niederreiter. Die Betroffenen laufen Gefahr, sich ihr ganzes Leben lang mit Lohnpfändungen, Exekutionen, Inkassobüros und Rechtsanwälten herumschlagen zu müssen. Allein in der Schuldenberatung Salzburg habe sich die Zahl der arbeitslosen Klienten innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Waren es im April 2014 noch 19 Prozent der Klienten, seien es nun bereits 28 Prozent. Die Zahl der erwerbstätigen Schuldner fiel in dem Zeitraum von 58 auf 49 Prozent.

Laut dem Salzburger Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) seien sich auch die Sozialreferenten der Länder einig, die Mindestquote abzuschaffen. Bereits im Juni nach einer Sitzung in Hall in Tirol hätten die Soziallandesräte eine derartige Forderung an die Bundesregierung herangetragen. "Wenn ein Schuldner bereits sieben Jahre im Abschöpfungsverfahren ist und dann bekommt er keine Restschuldbefreiung, weil er mit der Rückzahlung unter der Zehn-Prozent-Quote liegt, ist das frustrierend", betont Schellhorn.

Verfahrensdauer verkürzen

Gerd Raspotnik von der Salzburger Wirtschaftskammer hält wenig von einer Streichung der Mindestquote: Es brauche einen fairen Interessenausgleich zwischen Schuldnern und Gläubigern. In Deutschland, wo die Mindestquote gestrichen wurde, würden drei Viertel der Gläubiger keinen Cent mehr sehen, sagt Raspotnik.

Die Schuldenberatungen gehen noch einen Schritt weiter und schlagen auch eine Änderung der Verfahrensdauer auf europäische Standards vor. Die Dauer des Abschöpfungsverfahrens solle, wie in Deutschland, zumindest auf fünf Jahre verkürzt werden.

Abwicklungsberatung und Finanzführerschein

Da auch immer mehr gescheiterte Selbstständige mit Schulden zu kämpfen haben, arbeitet die Salzburger Schuldenberatung seit Anfang des Jahres erstmals österreichweit auch mit der Wirtschaftskammer zusammen. Um eine Verschuldung von Selbstständigen im Vorfeld zu vermeiden, bietet die Wirtschaftskammer eine Gründungsberatung an.

Gleichzeitig kooperieren die Wirtschaftskammer und die Schuldenberatung bei der "Abwicklungsberatung", bei der Selbstständige unterstützt werden, die sich dazu entschlossen haben, ihr Unternehmen zu schließen. Die Beratung soll die Betroffenen bei einem geordneten Ausstieg aus der Selbstständigkeit unterstützten, damit der finanzielle Schaden frühzeitig gering gehalten wird.

Zur Prävention von Schulden wurde zudem der Finanzführerschein für Schüler auf die Berufsschulen ausgeweitet. Bei dem Projekt erhalten die Schüler in vier Modulen eine lebensnahe Grundausbildung in finanziellen Belangen. Finanziert wird das Angebot in den Berufsschulen von der Wirtschaftskammer. (Stefanie Ruep, 28.7.2015)