Wien/Braunschweig – Hepatitis B Infektionen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten weltweit. Die Krankheit kann sowohl akut, als auch chronisch verlaufen und zählt im Falle eines chronischen Verlaufs zu den bedeutendsten Ursachen von schwerwiegenden Erkrankungen wie Leberkrebs.
Trotz der Existenz einer wirksamen Schutzimpfung gegen das Hepatitis B Virus sterben viele Menschen weltweit aufgrund einer durch eine chronische Hepatitis B Infektion verursachten Zirrhose oder Leberkrebserkrankung. Die Anzahl der Infizierten ist dabei noch deutlich höher. "Unseren Schätzungen zufolge leben weltweit rund 248 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B Virus Infektion", sagt die Epidemiologin Jördis Ott vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig.
Ott und ihre Kollegen haben das Auftreten chronischer Hepatitis B, die sogenannte Prävalenz, für 141 Länder auf Basis aller zu diesem Thema publizierten Studien bestimmt. "Während der Anteil an chronisch Infizierten in einigen Ländern bei nur 0,01 Prozent der Allgemeinbevölkerung liegt, übersteigt er in anderen Ländern die 20 Prozent", sagt die Forscherin. Vor allem in Teilen Afrikas sowie einkommensschwächeren Ländern in anderen Regionen sind viele Menschen von chronischer Hepatitis B betroffen.
Konkrete Gründe für Rückgang noch unklar
Darüber hinaus suchten die Wissenschaftler auch nach Hinweisen, wie sich das Auftreten von Hepatitis B Infektionen zwischen den Untersuchungszeiträumen 1957 bis 1989 und 1990 bis 2013 veränderte. Dabei ließ sich in den meisten Ländern und auch im weltweiten Mittel ein leichter Rückgang beobachten. Ein Zusammenhang zur 1992 ausgesprochenen universellen Impfempfehlung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist zwar naheliegend, die genauen Gründe für den Rückgang müssen den Forschern zufolge in weiteren Studien erst untersucht werden.
Für Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie am HZI, ergibt sich aus der Studie ein direkter Handlungsbedarf: "Wir müssen dringend daran arbeiten, dass die Präventionsmaßnahmen besser greifen. Zumal das Problem in Hochrisikogruppen, wie beispielsweise bei Drogensüchtigen, erwartungsgemäß noch schwerwiegender ist", so der Experte.
Die Situation in Europa
In Europa werden jedes Jahr rund 50.000 Fälle von Hepatitis B und C diagnostiziert. Europaweit wird die Zahl der Infizierten auf etwa zehn Millionen geschätzt. "Die meisten von ihnen wissen nichts davon", so die Europäische Agentur für Krankheitskontrolle (ECDC) in Stockholm. Die Häufigkeit von Hepatitis B ist jedoch in den vergangenen Jahren zurückgegangen.
"Die Virus-Hepatitis kann verhindert und erfolgreich behandelt werden. Die Impfung ist die effizienteste Maßnahme, um sich gegen Hepatitis A und B zu schützen. Die Hepatitis C kann – speziell bei frühzeitiger Entdeckung und Behandlung geheilt werden", betont Andrea Ammon, die geschäftsführende ECDC-Direktorin.
Gerade bei der Hepatitis B gibt es in Europa eine positive Entwicklung. Die Impfungen haben zwischen 2006 und 2013 zu einem Rückgang der Häufigkeit bei der Diagnose akuter Hepatitis B-Infektionen von 1,3 pro 100.000 Einwohner und Jahr auf 0,7 pro 100.000 Einwohner und Jahr geführt. 2013 wurden nach den neuesten ECDC-Zahlen aus 28 europäischen Ländern (EU und Europäischer Wirtschaftsraum) 19.101 Hepatitis B-Infektionen registriert.
Österreich liegt über dem Durchschnitt
Unter den Fällen, bei denen komplette Daten vorlagen, waren 30,5 Prozent der akuten Infektionen offenbar auf heterosexuelle Kontakte zurückzuführen, 18,9 Prozent erfolgten in Krankenhäusern, 13,2 Prozent standen mit intravenösem Drogenkonsum im Zusammenhang ("Spritzentausch") und 9,4 Prozent durch gleichgeschlechtliche Sexualkontakte. Bei den chronischen Infektionen dürfte die Übertragung von der Mutter auf das Kind (43,5 Prozent) die häufigste Infektionsart gewesen sein.
Österreich liegt mit 7,8 Fällen pro 100.000 Einwohner (2013) gemeinsam mit den Niederlanden deutlich über dem Durchschnitt (EU/EEA: 4,4). England, Norwegen und Lettland weisen doppelt so hohe Zahlen wie Österreich auf. Portugal extrem niedrige (0,2 Fälle pro 100.000; Deutschland: 0,8).
Anstieg von Hepatitis C
Deutlich mehr Infektionen wurden 2013 infolge von Hepatitis C in Europa (26 Staaten mit Daten für die ECDC) registriert: 31.513. Das machte eine Häufigkeit von 9,6 pro 100.000 Einwohner aus. Bei 80,7 Prozent der Infektionen dürfte injizierender Drogenkonsum die Ursache gewesen sein. Im Gesundheitswesen (Bluttransfusionen, Plasmaspende, Hämodialyse etc.) konnte hingegen in den vergangenen 20 Jahren die Häufigkeit von Hepatitis C-Infektionen drastisch zurückgedrängt werden. Auch bei der Hepatitis C ist Österreich kein Spitzenreiter im positiven Sinn.
2013 wurden 11,5 Hepatitis C-Fälle (chronisch und akut) pro 100.000 Einwohner (akut und chronisch) registriert. Der EU/EEA-Durchschnitt lag bei 9,6 je 100.000 Einwohner. Extrem hoch war die Rate in Norwegen (26,1) und Lettland (62,7), extrem niedrig in Griechenland (0,2 pro 100.000) und den Niederlanden (0,4). (red, APA, 28.7.2015)