Einst die wichtigste Plattform für den Genuss von Videospielen in den eigenen vier Wänden, ist der klassische PC heute in den Schatten der Konsolen gerückt. Die Spielerschaft konsumiert ihre Güter vorwiegend auf PlayStations, Xboxen und Wiis. Das hat, so sehr es die PC-Gamer-Fraktion schmerzen mag, einige nachvollziehbare Gründe für Spieler und Anbieter gleichermaßen.

Doch so ganz abgefunden mit dem Status Quo und der Vormachtstellung von Microsoft, Sony und Co. im Wohnzimmer haben sich noch nicht alle. Steam, größter Online-Vertrieb für PC-Games, will seine Sphäre ausdehnen und mit Partnern aus der Industrie der Plattform neue Räumlichkeiten erschließen. Der GameStandard hat sich ein Gerät aus dem Hause Dell angesehen, den Alienware Alpha.

"Konsole"

Wohin die Reise geht, zeigt schon die Beschreibung. Denn Alienware nennt seinen Kompaktrechner auf seiner Homepage in der Tat "Konsole". Und derart ist die Alpha auch gestaltet. Ihr wertig wirkendes Kunststoffgehäuse füllt in etwa die Hälfte des Volumens einer PlayStation 4 aus. Ihre Front ziert neben zwei USB 2.0-Ports auch ein leuchtender Ein-/Aus-Schalter im Aliendesign.

Foto: Alienware

Ausstattung

Die getestete Variante kostet in den USA knapp 500 Dollar und birgt eine Intel Core-i3-4130T-CPU, die mit zwei Kernen und 2,9 Ghz-Taktung arbeitet. Vier GB fasst der Arbeitsspeicher. Als Grafikeinheit kommt ein nicht näher genanntes Modell von Nvidias Geforce GTX-Reihe zum Einsatz, das über zwei GB Speicher verfügt. Das genaue Modell wird weder in Beschreibung, noch in der Systemsteuerung ersichtlich. Findige Tester haben aber freilich bereits rausgefunden, dass es sich um eine angepasste Variante der Laptop-Grafikkarte-GTX 860M handelt.

Dazu gibt es eine 500 GB SATA-Festplatte, WLAN nach 802.11ac-Standard (Dual-Band). Anschlussmäßig komplettieren zwei USB 3.0-Ports, ein HDMI-Ausgang, ein HDMI-Eingang, ein RJ45-LAN-Anschluss sowie ein optischer Audioausgang das Paket. Teurere Modelle können mit größeren Festplatten bzw. SSDs, mehr Arbeitsspeicher (maximal acht GB) und schnelleren Prozessoren aufwarten. Die maximale Ausbaustufe mit Core-i7-Prozessor schlägt mit 850 Dollar zu Buche und kostet damit doppelt so viel wie die aktuellen Heimkonsolen. Beigelegt ist, beinahe ironischerweise, ein Xbox 360-Controller

Alpha UI

Vorinstalliert ist Windows 8.1, wovon der Nutzer aber erstmal nichts merkt. Denn standardmäßig bootet das Gerät direkt in die "Alpha UI", eine als eigenständiges Programm laufende Oberfläche, über die Einstellungen zu Bildschirm, Sound und diverse andere Dinge vorgenommen werden können. Optimiert ist sie für die Bedienung per Controller und angenehm übersichtlich gestaltet.

Von hier aus kann auch direkt in Steams Big Picture-Modus gestartet werden, mit dem Valve den Feldzug gen Wohnzimmer einst vorbereitet hat. Dieser erinnert ein wenig an ein Crossover aus dem PS4-Menü und jenem der Ouya und funktioniert ebenso anständig.

Freilich ist man auf der Alpha, wie auf jedem anderen PC, nicht an Valves Angebot allein gebunden. Schließt man ein für das System als Maus erkennbares Gerät an, lässt sich in die normale Systemoberfläche wechseln. Über diese können Spiele über andere Stores wie etwa Origin, direkt beim Hersteller gekaufte Games und sämtliche sonstige Unterhaltungssoftware installiert werden. Wer Games auf CD und DVD besitzt, muss diese – sofern möglich – jedoch zuerst auf einen USB-Stick überspielen oder ein externes Laufwerk anschließen.

Komplexität

Womit man schon bei einem fundamentalen Knackpunkt angelangt ist, einem Graben der die PC- von der Konsolenwelt strikt trennt: Komplexität.

Das Konzept einer Konsole lautet "Einschalten und loslegen" – sieht man von Update-bedingten Unterbrechungen ab, doch Patches in Gigabyte-Größe sind auch für die PC-Fraktion nichts neues. Um die Installation neuer Treiber oder Detaileinstellungen in Untermenüs der Systemsteuerung muss man sich nicht kümmern. Die Software wird vom Hersteller gewartet, es reicht in der Regel, Update-Dialoge zu bestätigen.

Vorteile und Nachteile

Für Spieler bietet das den Vorteil der Einfachheit. Entwickler finden wiederum eine einheitliche Hardwareplattform vor und müssten bei der Entwicklung nicht Rücksicht auf etwaige exotische Systemkonfigurationen nehmen. Dazu gibt es dank des Online-DRM-Systems und der geschlossenen Plattform praktisch kein Problem mit illegalen Games-Kopien. Für den Betreiber ergibt sich die Win-Situation daraus, Nutzer in sein Ökosystem, einen stetig wachsenden und mit Exklusivgames lockenden, goldenen Käfig eingliedern zu können.

Das Ganze hat freilich auch Nachteile. Die Spielehersteller können die zur Verfügung stehende Hardware bis ans Limit ausreizen, dafür ist sie bereits nach wenigen Jahren im Vergleich zu aktuellen PCs schwer veraltet. Und nicht jedes Defizit kann auf Dauer mit Programmier-Tricks wettgemacht werden. Und gibt es ein Problem mit dem Online-Service des Betreibers – Stichwort: Lizard Squad – sind alle davon betroffen. Weil es keine alternativen Stores gibt, gibt es auch keine Ausweichmöglichkeiten. Viele Spieler sind allerdings bereit, diese Einschränkungen in Kauf zu nehmen.

Foto: Alienware

Grenzen

Alienwares Alpha-Reihe versucht, mit einem PC die Zugänglichkeit einer Konsole zu emulieren. Das gelingt mit der eigenen Oberfläche mit grundsätzlichen Einstellungsmöglichkeiten und dank Steam Big Picture. Der Rechner, sofern wirklich nur zum Spielen genutzt, ist recht problemlos per Gamecontroller steuerbar.

Software-Updates, Windows-Aktualisierungen, neue Treiber wollen allerdings auch installiert werden und zwingen zum Verlassen der simplen Menüs. Games, die nicht über Steam bezogen werden, müssen erst händisch in dessen Auswahl eingepflegt werden. Wer auf dem Rechner auch Arbeiten oder im Netz surfen will, wird um den Anschluss von Maus und Tastatur oder ein wenigstens Bluetooth-Keyboard mit Trackpad nicht herum kommen.

Usability-Problem und die Preisfrage

Solange Windows und andere häufig genutzte Programme keine native Oberfläche bieten, die sich per Controller gut bedienen lässt, wird ein Windows-basierter Wohnzimmer-Gaming-PC immer eine halbgare Lösung sein. Was hingegen sehr wohl funktionieren kann, sind kleine Mediacenter-PCs, die üblicherweise mit Linux-basierten System und entsprechender UI ausgestattet sind.

Erschwerend hinzu kommt der Preis. Die günstigste Version der Alphas ist bereits teurer als beide aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft. Spezifikationstechnisch entspricht sie aber eher einem gehobenen Multimedia-Rechner denn einem PC für Games-Enthusiasten. Den erhält man zwar in größeren Ausbaustufen, diese sind aber preislich als Konsolenalternative nicht zu rechtfertigen.

Fazit

Was bleibt, ist ein zwiespältiges Gefühl. Ein upgradebares, leistungsstarkes Spielgerät mit der Flexibilität eines Windows-PCs und der simplen Handhabe einer Konsole ist an sich ein erstrebenswerter Traum. Aktuell, so scheint es, ist er aber unerfüllbar.

Der Alienware Alpha zeigt, in welche Richtung es gehen könnte, scheitert dabei aber noch an nicht beeinflussbaren Umständen. Während eine flächendeckende Verbreitung von SteamOS nicht in Sicht ist, könnte sich ein neuer Anlauf mit Windows 10 lohnen, das seine controllerfreundliche Touchoberfläche weit genug ausgebaut hat, um ein paar Usability-Hürden fallen zu lassen.

Eine eigene, Controller-optimierte Oberfläche für das System könnte es auch einmal geben – allerdings frühestens dann, wenn Windows 10 auch auf der Xbox landet. Ob Microsoft diese auch dem System für PC-Hardware als Option spendieren wird, bleibt abzuwarten. (gpi, 29.07.2015)

Hinweis

Beinahe idente Hardware wird mittlerweile unter dem Namen "Alienware Steam Machine" vermarktet. Sie kommt anstelle des Xbox-Controllers mit einem Steam-Controller und vorinstalliertem SteamOS. Die Auslieferung soll im Oktober beginnen, vorerst allerdings nur an US-Kunden. Ob es eine Neuauflage der Alpha mit Windows geben wird, ist aktuell nicht bekannt.