Glücksspiel ist einer der letzten Bereiche, in denen es in der EU Monopole geben darf. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) akzeptiert den Wunsch von Staaten, die Dienstleistungsfreiheit einzuschränken, damit nicht ungeregelter Wettbewerb noch mehr Menschen in die existenzbedrohende Spielsucht treibt.

Dieses Monopol wird in Österreich seit Jahrzehnten von den Casinos Austria und ihrer Tochter Österreichische Lotterien gehalten; ein Teil der Gewinne wird vom Staat für gemeinschaftliche Zwecke wie die Sportförderung abgeschöpft. Bekämpft wurde dieses profitable Arrangement vor allem vom aufstrebenden Spielautomatenhersteller Novomatic. Der niederösterreichische Konzern wuchs immer stärker, während der Platzhirsch zusehen musste, wie sein Kasinostammgeschäft schrumpft und die Onlinetochter win2day mit illegaler ausländischer Konkurrenz zu kämpfen hat.

Allerdings hat Novomatic zuletzt zwei schwere Rückschläge einstecken müssen: Die Stadt Wien hat das von ihm dominierte kleine Glücksspiel verboten, und das Bundesverwaltungsgericht hob die Vergabe zweier neuer Kasinolizenzen an Novomatic – sowie eine an einen deutschen Anbieter – wegen Fehlern im Verfahren auf. Jahrelanges politisches Lobbying mit kräftiger Hilfe aus St. Pölten wurde mit einem Streich zunichtegemacht. Denn bis zur Neuvergabe dieser Lizenzen werden wohl Jahre vergehen, und bis dahin bleiben die Casinos Monopolist.

Doch so lange will Novomatic nicht warten. Der Konzern hat die Gunst eines unausgereiften Verstaatlichungsplanes von Finanzminister Hans Jörg Schelling ergriffen und damit begonnen, die Anteile der vielen Casinos-Minderheitsaktionäre aufzukaufen. Statt das Casinos/Lotterien-Monopol zu brechen, wird Novomatic selbst Teil dieser verkrusteten Struktur, an der auch der ORF beteiligt ist. Das stellt Behörden, Gerichte und die Politik vor eine schwierige Situation.

Denn eigentlich dürfte es das Monopol gar nicht mehr geben. Der Auftrag an den Monopolisten, die Spielsucht einzudämmen, wird in den Augen vieler Kritiker durch die aggressive Werbung für seine vielen Spielangebote konterkariert. Und ein Zusammenschluss, der einen Marktanteil von fast 100 Prozent im legalen Glücksspiel zur Folge hat, ist kartellrechtlich kaum hinnehmbar.

Dazu würde eine Novomatic-Übernahme der Casinos den korruptionsanfälligen Missstand verschärfen, dass privaten Investoren das Privileg eines Monopols verliehen wird. Wenn der Staat schon einen Markt abschottet, deutete der EuGH mehrmals an, dann soll er das Geschäft selbst betreiben und die Gewinne vergemeinschaften.

Die Alternative dazu wäre die Öffnung des Glücksspielmarkts für alle qualifizierten, auch ausländischen Anbieter, die unter einer strikten staatlichen Aufsicht und klaren Werbebegrenzungen agieren müssten. Doch das würde den Wert der staatlichen Casinos-Beteiligung reduzieren.

Daher zeichnet sich ab, dass Novomatic sein Ziel erreicht und Mehrheitseigentümer Johann Graf, mit mehr als fünf Milliarden Euro Vermögen der viertreichste Österreicher, noch reicher wird. Noch mehr Menschen wird das Blaue vom Himmel versprochen, damit sie ihr schwer verdientes Geld verspielen. In einigen Jahren wird der EuGH dann die Marktöffnung erzwingen. Aber bis dahin bleibt das heimische Glücksspielgeschäft ein intransparenter Sumpf. (Eric Frey, 27.7.2015)