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Auch die Zelte reichen nicht mehr aus: Vielen Menschen steht im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen kein Bett zur Verfügung.

Foto: APA / HELMUT FOHRINGER

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Security und Asylwerber: Aufgenommen am Donnerstag, 9. Juli 2015, anlässlich eines Rundganges im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen.

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Traiskirchen/Wien – Es wird noch enger. Rund 4.300 Flüchtlinge hielten sich laut Innenministerium am Montag auf dem Areal des Asylerstaufnahmezentrums in Traiskirchen auf. Selbst für die seit Monaten überfüllte Flüchtlingsunterkunft ist das ein Rekord. Nur zur Zeit der Ungarnkrise 1956 und jener in der Tschechoslowakei 1968 waren es dem Vernehmen nach mehr Menschen.

480 der Traiskirchner Lagerbewohner leben in großen Flüchtlingszelten, 2.000 sind obdachlos. Sie übernachten im Freien – oder stellen gespendete kleine Campingzelte auf. Bei Schlechtwetter würden zwei Hallen geöffnet und Busse angefordert, in denen die Menschen – unter ihnen auch Frauen und Kinder – vorübergehend Zuflucht nehmen könnten, berichtete Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ).

"Waschen im Fluss"

Babler spricht von "völlig unhaltbaren Zuständen" auf dem Lagergelände, "und das schon seit mehreren Wochen". Die sanitären Einrichtungen im Lager seien offenbar völlig überlastet, "denn immer wieder werden Flüchtlinge beim Fluss Schwechat gesichtet, die sich mit Seife waschen".

Im Innenministerium hieß es hingegen, alle Flüchtlinge, die sich im Erstaufnahmezentrum aufhielten, würden versorgt. Was Babler nicht versteht: "Im oberösterreichischen Thalham wurden die offiziellen Flüchtlingszelte abgebaut, in Linz soll es Ende der Woche so weit sein. Warum stellt man nicht zumindest diese Wohnmöglichkeiten jenen Flüchtlingen zur Verfügung, die in Traiskirchen unter freiem Himmel leben?" Im Innenministerium sagt ein Sprecher, der Zelteabbau in Oberösterreich laufe "nach Plan". Was mit dem leeren Zelten geschehen soll, werde "aktuell geprüft".

Oberösterreich prüft Zelteabbau

Parallel zum Zelteabbau würden in Oberösterreich an drei Standorten Containerdörfer errichtet, kündigte am Montag Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz an. Konkret würden je 100 Asylwerber in Container einziehen, die auf dem Gelände der Kaserne Hörsching sowie auf den Straßenmeisterei-Grundstücken in Mondsee und Ohlsdorf aufgestellt werden.

Auch eine weitere Zahl musste das Ministerium am Montag nach oben hin korrigieren: Die Prognose, dass etwa 70.000 Asylwerber im Laufe des Jahres nach Österreich kommen würden, erweise sich "nicht mehr als realistisch". Man rechne heuer mit rund 80.000 Asylwerbern. Um sie unterzubringen, appellierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei einer Tagung im Ministerium zu wiederholtem Mal an die Gemeinden: "Ich wünsche mir nichts mehr, als dass viele Gemeinden in den nächsten Tagen ihren Widerstand gegen Flüchtlinge aufgeben", sagte sie.

Österreich sei in einer "Unterbringungskrise", konzedierte Peter Webinger, Gruppenleiter für Asyl und Migration im Innenministerium. Er kritisierte die öffentliche Diskussion: "Ich habe den Eindruck, das Thema beginnt an der österreichischen Staatsgrenze." Der Grund für eine Flucht liege in der Heimat.

Nur in Krisenzeiten

Dort will Mikl-Leitner ansetzen. Es gelte, die Zustände in den Drittstaaten zu verbessern, um diesen Staaten den "Migrationsdruck" abzunehmen. Zwar müsse Asyl ein Menschenrecht bleiben. Aber: Die Flüchtlingsunterbringung müsse eine Option ausschließlich für Krisenzeiten sein. (bri, ook, 27.7.2015)