Bis auf drei Artikel hat der französische Verfassungsrat die Bestimmungen des neuen Gesetzes gebilligt, das die Regierung nach den Attentaten auf das Satiremagazin Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt vom Jänner lanciert hatte. Die beiden Parlamentskammern hatten es im Mai gegen die Stimmen von Grünen und Kommunisten abgesegnet; sie riefen darauf das höchste Gericht des Landes an.

Die Polizei erhält nun die Befugnis, bei Online-Providern Metadaten abzufangen und auszuwerten. Das ermöglicht eine Massenüberwachung, wie sie schon der US-Geheimdienst NSA praktizierte. Mit sogenannten "Imsi-Catchern" kann die Polizei zudem auch Mobiltelefone in einem gewissen Umkreis direkt abhören.

Der Verfassungsrat strich immerhin drei Artikel mit gewisser Tragweite: Laut Gesetz hätten sich die Geheimdienste über eine Ablehnung zur Überwachung hinwegsetzen können, falls eine "operative Dringlichkeit" bestanden hätte. Das ist nun nicht möglich, denn dies hätte eine "offensichtlich unverhältnismäßige Beeinträchtigung" der Privatsphäre und des Briefgeheimnisses nach sich gezogen, urteilte der Verfassungsrat in Paris.

Ferner wurde der Artikel zur "internationalen Überwachung" für verfassungswidrig erklärt. Die Verfassungsrichter strichen den Artikel, weil ihrer Meinung nach unklar sei, wie lange die im Ausland gesammelten Daten gespeichert würden. Auch störten sie sich daran, dass die Kontrollkommission die Auslandeinsätze nicht hätte absegnen müssen.

Regelung mit Lücken

Doch auch ohne diesen Artikel bleibt unklar, auf welche Basis der französische Auslandsgeheimdienst DGSE seine "internationale Überwachung" nun stützen will. Dass er ganz darauf verzichtet, ist nicht zu erwarten. Wahrscheinlicher ist es, dass er wie bisher ohne klare gesetzliche Grundlage vorgehen wird. Der DGSE will vor allem internationale Kontakte zwischen Terrordrahtziehern in Syrien und "Schläfern" in der Pariser Banlieue abhören können. Dass er wie die NSA auch befreundete Partnerstaaten aushorchen könnte, weisen seine Agenten entrüstet von sich.

Staatspräsident François Hollande zeigte sich erfreut über den Entscheid des Verfassungsrats. Die Bürgervereinigung Quadrature du Net sprach hingegen von einer "Schande für Frankreich": Die Staatsräson werde auf brutale Weise über das Recht gestellt. (Stefan Brändle aus Paris, 25.7.2015)