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Eine umstrittene Gesetzesnovelle hat in Spanien die Produktion von Solarenergie für den Eigenbedarf verboten.

Foto: Reuters / Heino Kalis

Der Fächer, typisch-praktisches Accessoire, sorgt dieser Wochen nicht nur im heißen Andalusien für schweren Muskelkater. Spanienweit lechzt man nach Abkühlung. Das Surren der Klimaanlagen ist omnipräsenter Sommer-Soundtrack – bei konstanten Temperaturen um und oftmals über 40 Grad Celsius und der dritten Hitzewelle seit Ende Juni.

Global gesehen war die erste Jahreshälfte 2015 die heißeste seit 1880, meldete die US-Behörde für Atmosphären- und Ozeankontrolle. Hauptgrund dürfte, wie Bloomberg berichtet, ein "Monster-El-Niño"-Phänomen sein, das jenem von 1997 nahe kommt. Der wärmere Pazifische Ozean an Südamerikas Westküste sorge dafür, dass ungewöhnlich hohe Temperaturen bis ins kommende Frühjahr anhalten, so ihre Prognose.

Hitze treibt Stromverbrauch in Höhe

Die Juni-Messdaten lagen in Spanien mit 22,5 Grad im Schnitt 1,4 Grad über dem Mittel seit Beginn der Aufzeichnungen 1961. Die ersten zwei Juliwochen übertrafen dies noch. Am Hotspot Sevilla wurde die historische Spitze von 1995, nämlich 46,6 Grad Celsius, nur knapp verfehlt. Das treibt den Stromverbrauch in ungeahnte Höhen: Über die erste Julihälfte legte er im Vorjahresvergleich um mehr als 13 Prozent zu.

Den Höchstbedarf markierte Spanien am 6. Juli um 13.31 Uhr mit 39.276 Megawatt (MW), meldete die Netzbehörde Red Eléctrica de España. Um ihn zu decken, verfeuern Energieriesen wie Endesa, Iberdrola oder Gas Natural primär Braunkohle. Deren Verbrauch ist, wie El País berichtet, im Vergleich zu 2014 um mehr als ein Fünftel gewachsen. Mittlerweile deckt der klimaschädliche Brennstoff mehr als ein Viertel des gesamten Energiebedarfs.

Folglich wurden in den ersten Juliwochen 68 Prozent des Stroms aus nicht nachhaltigen Quellen bezogen. Gas-Dampf-Kombikraftwerke steuerten 18 Prozent bei. Atomkraft lieferte fünf Prozent der gesamten Energieproduktion.

Kraftlose Windräder

Auf Wasserkraft wird nach dem regenarmen Winter weitgehend verzichtet, um Stauseen der Talsperren nicht zu leeren. Die Windenergie knickte um 13 auf elf Prozent ein: Die Hitze sei dafür mitverantwortlich, sagt José María González Moya, Generaldirektor des Vereins der Erzeuger nachhaltiger Energien: "Flauten und trockene, weniger dichte Luft bieten weit weniger Kraft, um die Windräder zu bewegen."

Nach umstrittenen Gesetzesnovellen und dem Verbot der Produktion für den Eigenbedarf (der STANDARD berichtete) ist selbst die Fotovoltaik mit etwa drei Prozent des Stroms (minus 1,8 Prozent) ins Abseits gerückt. Einzig die Solarthermik konnte zulegen. Fortschritte bei Nachtspeichertechnik stützen diese Entwicklung.

"Mit den Reformen kamen Investoren zurück auf den Markt der nachhaltigen Energien", verteidigt Energieminister José Manuel Soría (Partido Popular) seine hart kritisierte Sonnensteuer. So sind es nun Energiegiganten, die sich den Markt einverleiben. Gas Natural kauft für 260 Millionen Euro Solarkraftwerke mit einer Leistung von 201 MW. Zudem verfügt der Konzern über Windkraftkapazitäten von mehr als 400 MW.

Konträr zur spanischen Entwicklung läuft jene des iberischen Nachbarn: 60 Prozent des Energieverbrauchs in Portugal werden durch nachhaltige Quellen wie Wasser und Windkraft gedeckt. Portugal liegt damit auf Rang fünf hinter Norwegen, Österreich, Neuseeland und Kanada. (Jan Marot, 25.7.2015)