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Gut ausgebildet und trotzdem kein Job: Ein Problem, das ganz besonders junge Griechen und Griechinnen (hier ein Blick in ein Arbeitsmarkt) trifft.

Foto: EPA/PANTZARTZI

Athen – Eine weitere Hürde im Griechenland-Drama ist bekanntlich genommen. Nun stehen nach der Genehmigung zweier Reform- und Sparpakete im Parlament wieder Verhandlungen über neue Finanzhilfen bevor. Die Experten der europäischen Geldgeber werden noch am Freitag in Athen erwartet. Es geht bekanntlich um ein drittes Hilfsprogramm, das bis zu 86 Milliarden Euro umfassen und sich über drei Jahre erstrecken soll.

An Hilfe ganz anderer Art werkt eine Gruppe junger Griechen, die das Land schon lange verlassen hat. Es fällt Meliti Babili Thymara schwer, über ihre Freunde in Griechenland zu sprechen. Sie seien arbeitslos oder arbeiteten zwölf Stunden am Tag, ohne davon leben zu können, sagt die 24-Jährige, die in Athen aufgewachsen ist. "Sie haben das Gefühl, dass sie die kreativsten und produktivsten Jahre ihres Lebens verschwenden."

Meliti muss dieses Gefühl nicht haben. Die Griechin kam 2008 zum Studium nach Großbritannien. Von dort aus will sie dem Chaos in ihrer Heimat nicht einfach zusehen. Mit vier anderen jungen Griechen hat sie 2012 "Reload Greece" gegründet.

Positives für die Heimat

Inzwischen hat die Initiative etwa 30 Mitglieder und nennt sich "Mittelpunkt des Jugend-Unternehmergeistes in London". Künftige Unternehmer sollten lernen, wie sie Ideen umsetzen können, erklärt Markos Kiosseoglou, "und etwas Positives für ihre Heimat bewirken".

Der 29-Jährige, der die "Reloader" managt, nennt ein Beispiel: Eine Frau organisiert Reisen für Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen auf die griechische Insel Lesbos, wo sie lernen, wie Olivenöl gemacht wird. Das Öl wird dann in Großbritannien verkauft, um die Reisen zu finanzieren. "Das hat dann eindeutig eine Wirkung in beiden Ländern", sagt Markos.

Damit es künftig mehr solcher Projekte gibt, bringt "Reload Greece" junge Menschen mit erfolgreichen Unternehmern zusammen. "Wir bieten Netzwerke, Unterstützung und Ressourcen für Leute mit Ideen", fasst es Maria Xypaki zusammen, die seit zwei Jahren dabei ist. Finanziert wird die Initiative über Sponsoren wie die Stavros-Niarchos-Stiftung, die sich den Kampf gegen die Krise auf die Fahnen geschrieben hat.

Mehr handeln

"Weniger reden, mehr handeln", das sei 2012 die Motivation gewesen, erzählt Meliti. In diesem Jahr beschloss Athen auf Druck der Geldgeber gleich zwei Sparpakete. "Wir mussten der Welt zeigen, dass es eine Seite von Griechenland gibt, die nicht in den Schlagzeilen zu finden war. Eine kreative, produktive, innovative, inspirierende, wunderbare Seite, die manchmal sogar wir selbst vergessen."

Auch Markos fürchtet, dass die Dauerkrise seine Heimat ins falsche Licht rückt. Ja, es sei schlimm, sagt er. Aber das mache das Land nicht gefährlich, es mache die Menschen nicht weniger gastfreundlich oder fauler.

Was die "Reloader" eint, ist ihr Optimismus. "Man muss optimistisch sein, um weitermachen zu können", sagt Maria, die vor fünf Jahren zum Studium nach London kam. In Deutschland sei man der Meinung, die Griechen hätten ihre wirtschaftliche, politische und soziale Notlage verdient, meint die 30-jährige Athenerin und fügt an: "Früher oder später wird die Situation stabiler. Und dann müssen wir wieder aufbauen."

Starke Abwanderung

Seit Jahren verlassen junge Griechen scharenweise ihre Heimat, um zu lernen und einen Job zu finden. Macht die Abwanderung nicht alles noch schlimmer? "Nicht unbedingt", glaubt Markos. "Mit den wenigen Möglichkeiten und der hohen Arbeitslosenquote werden junge Leute so keine Last für die griechische Wirtschaft, sondern gehen ins Ausland, um ihre kreative Energie zu bündeln." Er, Maria und Meliti nennen das Diaspora. In der wollen sie nicht auf Dauer leben – auch wenn sie es in London gerade leichter haben als ihre Familien und Freunde zu Hause. "Natürlich wollen wir alle eines Tages wieder zurück", sagt Markos, "deswegen haben wir ja das Projekt gegründet."

Varoufakis will Syriza-Partei nicht spalten

Doch zurück an den Krisenschauplatz selbst: Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis – während seiner kurzen Amtszeit höchst umstritten – hat Spaltungsplänen in der regierenden Syriza-Partei von Ministerpräsident Alexis Tsipras mittlerweile eine Absage erteilt. "Ich habe kein Interesse, unsere großartige Partei zu spalten", sagte Varoufakis am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". "Ich bin eindeutig nicht gegen Tsipras", unterstrich Varoufakis.

Er habe am Abend des Referendums festgestellt, "dass die Mehrheit unseres Verhandlungsteams, unser Kriegskabinett" einschließlich Tsipras das "klare und großartige Nein" der Bevölkerung nicht als Chance verstanden habe, "unseren harten Verhandlungsstandpunkt gegenüber den Institutionen zu erneuern", sagte Varoufakis. Daher sei sein Rücktritt das Beste gewesen, was er für Tsipras tun konnte. In Europa seien "Kräfte am Werk", die einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone wollten, unterstrich er einmal mehr seine bekannte Position. (APA, Reuters, red, 24.7.2015)