Die Latte für Windows 10 liegt hoch: Nach einem Flop mit dem Vorgängersystem Windows 8 übersprang Microsoft die Nachfolgenummer 9, um mit einer runden Zahl neu durchzustarten. Windows 10 soll nach dem Willen von Microsoft-Chef Satya Nadella in zwei bis drei Jahren auf einer Milliarde Geräte laufen. Bisher nutzen laut Microsoft rund 1,5 Milliarden Menschen weltweit Windows-Systeme – quer über alle Versionen. Am 29. Juli beginnt mit der Auslieferung der Desktop-Version des Betriebssystems die neue Windows-Ära.
Kostenlos für private Anwender
Für eine schnelle Verbreitung hat Microsoft bereits vor Monaten die Weichen gestellt. Ein Jahr lang soll das Upgrade auf das neue System für private Anwender kostenlos zur Verfügung stehen – als Download. Bis zum Ende der unterstützten Lebensdauer des jeweiligen Geräts lasse sich die Software aktualisieren. Das Kostenlos-Angebot gelte zwölf Monate lang, so Microsoft.
Windows 10 sollte reserviert werden
Microsoft empfiehlt allen Windows-7- und Windows-8.1-Nutzern, sich ihr kostenloses Upgrade zu reservieren auf microsoft.com/de-de/windows/windows-10-upgrade. Mit der Reservierung wird die Kompatibilität des Rechners überprüft. "Diese stellt auch sicher, dass der PC in der vordersten Reihe steht, sobald das Upgrade ausgerollt wird", verspricht der Konzern.
"Get Windows 10"-App
Die Reservierung erfolgt über die "Get Windows 10"-App. Nutzer gelangen zur App, indem sie auf das kleine Windows Symbol auf der rechten Seite der Taskleiste klicken. Das Symbol erscheint bei Rechnern, die mit Windows 7 SP1 sowie Windows 8.1 Update laufen und automatische Windows Updates aktiviert haben. Es zeigt an, dass der PC für das Windows-10-Update vorbereitet ist. Nach dem Klick auf das Symbol öffnet sich ein Fenster, dort wählen Nutzer einfach "Jetzt kostenlose Aktualisierung reservieren".
Für Anwender, die das Windows-Symbol nicht in ihrer Taskleiste finden können, gibt es umfassende Informationen hier.
Wie viel Windows 10 im heimischen Handel kosten wird, hat Microsoft bisher nicht verraten. Auf der Preisvergleichsplattform Geizhals finden sich allerdings schon einige Preise.
Einheitliche Basis
Mit Windows 10 will Microsoft zunächst eine einheitliche Basis im Markt schaffen. Die verschiedensten Versionen von XP über Windows 7 und Vista bis hin zu Windows 8 seien gleichzeitig in Betrieb gewesen. XP ist selbst nach über 13 Jahren noch immer nicht von allen PCs verschwunden, obwohl bei dem Altsystem offene Sicherheitslücken inzwischen nicht mehr geschlossen werden. Auch beim Umstieg auf Windows 8 hatten viele Nutzer gezögert. Die aktuelle Version 8.1 ist zum Stand April laut der Analysefirma Net Application gerade einmal auf gut elf Prozent der Rechner weltweit installiert.
Home, Pro, Enterprise und Education
Windows 10 wird es im Wesentlichen in vier Versionen geben, in der Home, Pro, Enterprise und Education-Ausgabe. Nutzer der Home-Edition sollen künftig Updates ohne eigenes Zutun automatisch erhalten. Bei den anderen Versionen können sie die Aktualisierungen zum Teil auf später verschieben. Vor allem Unternehmenskunden will Microsoft jedoch Flexibilität einräumen. Sie sollen selbst darüber entscheiden können, wann und auf welchen PCs die Software aktualisiert wird.
Windows 10 muss sich allerdings in einem weiter dramatisch schrumpfenden PC-Markt behaupten. Laut IDC ging der Absatz im vergangenen Quartal um 11,8 Prozent zurück. Ob das System das Potenzial hat, dem Markt endlich wieder kräftige Impulse zu liefern, bleibt nun die spannende Frage. Windows 8 hatte das nicht geschafft.
"Windows 8 hat komplett versagt"
Beim großen IT-Marktforscher Gartner rechnet Analyst Ranjit Atwal diesmal nicht mit einem bedeutenden Schub für das PC-Geschäft. Immerhin werde das neue Betriebssystem dabei helfen, den Absatz zu stabilisieren. Im gerade abgelaufenen zweiten Vierteljahr sackten die PC-Verkäufe laut Gartner noch um knapp zehn Prozent ab. "Windows 8 hat komplett versagt", lautet Atwals schroffes Urteil.
Auch viele Hardware-Hersteller waren angesichts des zähen Starts vor rund drei Jahren darüber enttäuscht, wie wenig das System die Nachfrage beflügelt hatte. Zudem hatte das neue Kachel-Design, das auf die Bedienung über Geräte mit berührungsempfindlichem Display optimiert war, viele langjährige Nutzer verschreckt.
Das Start-Menü kehrt zurück
Mit Windows 10 will Microsoft nun offensiv die Nutzer zurückgewinnen. Das unter Windows 8 von vielen vermisste Start-Menü kehrt mit Windows 10 mit neuen Funktionen zurück. Die Oberfläche lässt sich anpassen und auch auf einem Rechner ohne Touch-Bildschirm steuern. Die digitale Sprachassistentin Cortana soll künftig neue Funktionen bereithalten und etwa bei der Suche, der Terminplanung oder Arbeitsverwaltung selbst über Programm-Grenzen hinweg helfen.
Kein Media Center mehr
Neben einem deutlich veränderten Startmenü wartet Microsoft mit weiteren Neuigkeiten auf. So gibt es künftig kein Media Center mehr. Wer Musik, Filme, Videos abspielen oder Fernsehen schauen möchte, muss entweder aufs Upgrade verzichten – oder sich nach alternativen Mediacenterprogrammen umsehen. Die wichtigste Neuerung betrifft jedoch nicht die Inhalte, sondern die Aktualisierung: Es wird keinen Nachfolger von Windows 10 mehr geben. Microsoft wird das Betriebssystem künftig nicht mehr als Produkt, sondern als Dienstleistung "Windows as a Service" vermarkten, schreibt die Zeitschrift ct in ihrer aktuellen Ausgabe.
Windows 10 kommt zum Start auch mit einem generalüberholten Browser. "Edge" löst den Internet Explorer ab, auch wenn es diesen noch einige Zeit weiter geben wird. Edge erlaubt es etwa, direkt auf Webseiten eigene Notizen zu machen und sie anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Webseiten, die man später lesen will, können in einer Leseliste gespeichert werden. Auch Cortana steht direkt in der Adressleiste zur Verfügung.
Um die ehrgeizigen Ziele für Windows 10 zu erreichen, muss Microsoft verstärkt auf Geräte wie Tablets und Smartphones setzen, auf denen das System bislang trotz vieler Bemühungen noch nicht sehr verbreitet ist. Um mit den App-Angeboten von Android und iOS von Apple konkurrieren zu können, hat Microsoft sein System geöffnet und stellt Entwicklern entsprechende Lösungen bereit, mit denen sie ihre Anwendungen ohne großen Aufwand portieren können sollen.
Windows 10 soll zunächst für PCs, Tablets und den Surface Hub mit seinem 84 Zoll großen Bildschirm herauskommen. Für Windows Phone soll das System im Herbst fertig werden, für die Spielekonsole Xbox One folgt die Version Ende des Jahres. (APA, red, 23.7.2015)