Wien – Der Vorschlag von Wifo-Chef Karl Aiginger, nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit ein Recht auf Teilzeit oder eine Auszeit (Sabbatical) einzuführen, wird von der Gewerkschaft begrüßt. Man habe diese Forderung in der Vergangenheit bereits wiederholt eingebracht, sei aber immer am Widerstand der Wirtschaft gescheitert, sagte der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD.

Derzeit nur für Eltern Rechtsanspruch

Derzeit gibt es den Rechtsanspruch nur bei der Elternteilzeit (wobei er laut Regierungsprogramm sogar vom siebenten auf das fünfte Lebensjahr des Kindes verkürzt werden soll). Andere Formen der Arbeitszeitreduktion benötigen die Zustimmung des Arbeitgebers. Auch bei der Bildungskarenz muss die Firma ihren Sanktus geben.

Achitz wäre für einen generellen Rechtsanspruch, allerdings mit Einschränkungen. So müsse man wohl auf die Betriebsgröße Rücksicht nehmen, so der ÖGB-Experte. Bei der Elternteilzeit gibt es den Anspruch, wenn der Betrieb mindestens 20 Mitarbeiter hat. Achitz: "Wenn es dort funktioniert, wird es wohl bei anderen Formen der Teilzeit auch funktionieren."

Keine Alternative zur sechsten Urlaubswoche

Die von Aiginger ins Spiel gebrachte Mindestbetriebszugehörigkeit von zehn Jahren wäre auch für Achitz denkbar. Als Alternative zur Gewerkschaftsforderung nach einem leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche will er das Teilzeitthema aber nicht verstanden wissen. "Man muss alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, die die Arbeitsfähigkeit der Menschen erhalten."

Rolf Gleissner, Sozialexperte bei der Wirtschaftskammer, sieht hingegen keinen Handlungsbedarf. Sabbaticals würden in der Praxis "keine große Rolle spielen", sagt er. In Deutschland habe man Auszeiten mit dem Zeitwertkonto fördern wollen, tatsächlich sei es dann aber vor allem für Frühpensionen genutzt werden. Auch in anderen Ländern habe man derartige Erfahrungen gemacht.

Rattenschwanz an weiteren Regeln

Die Umstellung von Vollzeit auf Teilzeit funktioniere auch jetzt schon, ist der WKO-Experte überzeugt. "Wer will, findet eine Lösung." Daher gelte aus seiner Sicht: "Wenn etwas kein großes Thema ist, muss ich es auch nicht gesetzlich regeln." Sobald man nämlich einen Rechtsanspruch einführe, "löst das einen Rattenschwanz an weiteren Regeln und Problem aus".

Uneinig sind sich ÖGB und WKO auch beim Thema Überstunden. Aiginger schlägt vor, die steuerliche Begünstigung zu streichen, um Mehrarbeit weniger attraktiv zu machen. Gleissner hat dafür durchaus Verständnis: "Wenn ich die Arbeitsstunden reduzieren will und Mehrarbeit gleichzeitig steuerlich begünstige, ist das eindeutig ein Widerspruch."

Achitz hingegen will vor allem bei den Arbeitgebern ansetzen: "Sie ordnen Überstunden an, daher muss man die Attraktivität für die Arbeitgeber reduzieren." Die Gewerkschaft plädiert daher für einen Überstunden-Euro, also eine Verteuerung jeder Überstunde um einen Euro. (Günther Oswald, 23.7.2015)