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Die EU fördert Städtepartnerschaften mit mehr als 100 Millionen Euro bis 2020.

Foto: Reuters/Francois Lenoir

Wien – Eine Stadt in Spanien. Die fehle ihnen noch. Edwin Flatschart leitet das Partnerschaftskomitee St. Pölten und träumt davon, neue Bande zu knüpfen. Warum er der niederösterreichischen Landeshauptstadt eine Beziehung mit einer spanischen Kommune wünscht? "Wegen der Sprache: Ich denke da an die jungen Leute. In den Schulen wird Spanisch ja immer beliebter", sagt der Leiter dieses Ehrenamtlichen-Komitees.

Städtepartnerschaften scheinen in Österreich weit verbreitet zu sein – genaue Daten fehlen aber: "Eine statistische Erfassung scheitert allein an der Definition, was eine Städtepartnerschaft ist", heißt es vom Städtebund. Die Ausgestaltung ist Sache der Gemeinden, die im Übrigen gar keinen Stadtrang dafür brauchen.

Die EU investiert in die Pflege und den Aufbau von Beziehungen zwischen Gemeinden in Europa gutes Geld: Veranstaltungen zur Vertiefung der Beziehungen europäischer Kommunen werden mit bis zu 25.000 Euro unterstützt; längere Projekte unter bestimmten Umständen mit bis zu 150.000 Euro.

EU investiert Millionen

Insgesamt rund 100 Millionen Euro sind in der Förderperiode 2014-2020 dafür reserviert. Dienen derlei Projekte der Stärkung des europäischen Geschichtsbewusstseins, stehen weitere 50 Millionen bereit. Demnächst finden im Kanzleramt Workshops statt, bei denen Vertreter öffentlicher Einrichtungen lernen, worauf es beim Ansuchen um EU-Mittel des Programms "Europa für Bürger und Bürgerinnen" ankommt.

Das Partnerschaftskomitee St. Pölten organisiert alle zwei Jahre einen Schüleraustausch in seine Partnerkommunen – und baut dabei auf Sponsoring. Wien geht lediglich auf Zeit Bindungen mit anderen Kommunen zu bestimmten Themen – etwa bezüglich Mobilität oder Stadtplanung – ein. Derzeit bestehen elf Kooperationen, unter anderem mit Brasília, Bratislava und Paris. Eine bis 2017 mit Moskau laufende Kooperation sorgte 2014 wegen der Ukraine-Krise für Aufregung. Wirbel, den Andreas Launer, Leiter der Stabsstelle Internationale Strategie und Koordination in der Magistratsdirektion der Stadt, nicht versteht: Es bestehe ja keine Städtepartnerschaft.

Historisch bindungsscheu

Solche Bindungen vermeidet die Bundeshauptstadt ganz prinzipiell. "Das hat sich historisch so entwickelt", sagt Launer – und ergänzt: "Ohne anderen Städten zu nahe treten zu wollen: Solche Partnerschaften sind mitunter auch recht inflationär." An der Nachfrage liege es nicht. "Wien ist sehr gefragt", versichert Launer. Über die Kooperationsvereinbarungen hinaus laufe auch ganz ohne dezidierten Vertrag internationale Zusammenarbeit.

Von den neun österreichischen Landeshauptstädten hat Linz mit 19 die meisten Städtepartnerschaften, die Stadthomepage listet da so exotische Destinationen wie San Carlos in Nicaragua oder Gwangyang in Südkorea auf. Klagenfurt hat 15 Partner, darunter Duschanbe in Tadschikistan, Laval in Kanada und deutsche Städte, etwa auch Dachau.

Mitunter Gemeinsamkeiten

Graz zählt 13 Partner, Salzburg zehn, Innsbruck sieben und St. Pölten sechs. Eisenstadt ist mit fünf Kommunen befreundet, Bregenz mit zweien. Oft bestehen Gemeinsamkeiten: Beispielsweise befindet sich sowohl in Gwangyang als auch in Linz der Sitz eines großen Stahlunternehmens.

Viele Verbindungen bestehen seit Jahrzehnten. Zahlreiche Städtepartnerschaften entstanden in der Nachkriegszeit und sollten zur internationalen Verständigung beitragen und Barrieren abbauen. Mit der Stadt Kurashiki in Japan, deren Name übrigens "Dorf aus Lagerhäusern" bedeutet, ist St. Pölten bereits seit dem Jahr 1957 verbunden. Beinahe monatlich kommen laut Flatschart zudem Besucher aus Wuhan, einer Zehn-Millionen-Einwohner-Stadt in China.

"Es gibt Ups und Downs"

Getrennt hat sich St. Pölten nach Flatscharts Wissensstand – er leitet das Komitee immerhin seit dessen Gründung vor 15 Jahren – noch von keiner Partnerkommune. Allerdings sei die Verbindung zu Clichy in Frankreich etwas abgekühlt. Dank eines vor kurzem erfolgten Bürgermeisterwechsels könne sich das wieder ändern, hofft er: "Es ist wie bei einer Beziehung zwischen zwei Menschen: Es gibt genauso Ups und Downs." (Gudrun Springer, 23.7.2015)