Wien – "Ein Tag, an dem du nicht gelacht hast, ist ein verlorener Tag", sagte der Komiker Charlie Chaplin. Eine Art Leitsatz für die speziell ausgebildeten Künstlerinnen und Künstler der Roten Nasen. Durch Humor ermöglichen sie Kindern und Jugendlichen in belastenden Situationen wieder Lebenswillen zu erlangen. Eine sehr herausfordernde Aufgabe, die viel Mut und Ausdauer abverlangt.

Im Regelfall trifft man auf die Clowndoktoren in Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen, wo sie kranken Kindern und Jugendlichen mit Clownprogrammen seelisch beistehen und ihren Alltag aufhellen. Seit einigen Jahren sind sie jedoch auch anderswo anzutreffen, nämlich in Flüchtlingslagern. Junge Menschen aus Krisenländern wie Jordanien, Kambodscha oder der Ukraine werden durch das Kriseninterventionsprogramm "Emergeny Smile" unterstützt.

Das Ziel ist einfach: Ein Lächeln auf den Mund zaubern. Der Gedanke dahinter geht aber viel weiter. Denn auch in der tiefsten Verzweiflung hat der Mensch ein Bedürfnis nach Freude und Glück. Hier knüpft das Kriseninterventionsprogramm an. Die großen Probleme der Kinder und Jugendlichen können die Clowns nicht lösen, ein Glücksgefühl können sie trotzdem entfachen.

Das internationale Team des Kriseninterventionsprogramms "Emergeny Smile" ist für einige Tage in Wien zusammengekommen.
Foto: david stojanoski

Die Komiker haben in den letzten Jahren viele Shows geboten und eine Vielzahl von Menschen durch ihre Performance zum Lachen gebracht. Derzeitiger Schauplatz ist der dritte Gemeindebezirk in Wien. Um genauer zu sein, die Baumgasse 75, unweit des Asylzentrums Erdberg. Ein internationales Clownteam, zusammengesetzt aus Österreichern, Deutschen, Tschechen, Slowaken und Litauern, organisiert an jedem Nachmittag eine Show für die geflüchteten Menschen. Es sind vor allem junge Männer auf Afghanistan im Alter zwischen 16 bis 19 Jahren.

Die erste Clownshow überhaupt

Kurz vor Beginn der Performance trudeln die Jugendlichen ins Jugendzentrum ein, wo die Show steigt. Bunt und schräg fängt die Aufführung an. Auf den Gesichtern der Menschen im Publikum sind schon einige Mundwinkel nach oben gerichtet. Ganze Wörter bringen die Clowns nicht heraus. Mit Händen und Füßen, musikalischen Szenen und diversen Lauten werden Geschichten von Liebe, Ärger, Neid und Freundschaft theatralisch erzählt. Dazu kommt noch die Tollpatschigkeit während der gesamten Show hinzu.

Eine Clownin fällt die Treppe runter, ein anderer bricht sich fast den Fuß. Lautes Gelächter ist aus den vorderen Reihen zu hören. Plötzlich holt ein Clown einen jungen Burschen auf die Bühne und dieser wird von der ganzen Truppe in die Luft gehoben. Nach einer weiteren musikalischen Darbietung, bei der das gesamte Publikum auf die Bühne gebeten wird, verabschieden sich die Künstler von den Flüchtlingen. Geblieben sind strahlende Gesichter.

Einige der Flüchtlinge wurden in die Show der Clowns eingebunden.
Foto: Sebastian Philipp

Für Sayed Kazim Hussain war es das erste Mal überhaupt, dass er echte Clowns erleben durfte. Bisher kannte er die geschminkten Künstler mit den roten Nasen nur aus dem Fernsehen. Der 19-jährige Pakistani ist seit einigen Monaten in Wien und traut sich noch wenig auf Deutsch zu sagen. Mit Englisch ist er aber auf der sicheren Seite. Als in einem Gespräch die Frage aufkommt, wie er seinen Tag nach der Show verbringen wird, meint er: "Nothing planned really." Den Rest des Tages habe er nichts zu tun, morgen genauso wenig.

Er wohnt zur Zeit im Asylzentrum in Erdberg. Insgesamt sind dort rund 500 Flüchtlinge untergebracht. Während des laufenden Asylverfahrens heißt es für Sayed vor allem Geduld haben und abwarten. In dieser Zeit ist er zum Nichtstun verurteilt. Initiativen wie die Clownshow der Roten Nasen sind eher die Ausnahme im Alltag der Jugendlichen.

Das Lachen mit den Clowns ist eine willkommene Abwechslung bei den Jugendlichen im Asylzentrum in Erdberg.
Foto: Sebastian Philipp

Karola Sakotnik, Clownin und künstlerische Leiterin des "Emergeny Smile"-Programms, erzählt, wie erfüllend ihre Arbeit ist. Sie berührt damit nicht nur junge Menschen. "Wenn eine 70-jährige Frau aus Jordanien, die ihre ganze Familie verloren hat, dir die Hand auf das Herz legt und sich bedankt, dass sie heute lachen durfte, spätestens dann fange ich (als Clown) auch an zu weinen", so Sakotnik. Mit Flüchtlingen will sie weiter arbeiten und das Projekt der Roten Nasen noch ausbauen. Zusätzlich zu den Shows will sie Workshops für die Flüchtlinge organisieren, wo diese auch selbst kreativ sein können. (David Stojanoski, 23.7.2015)