Österreichs Wirtschaft gewinnt etwas an Tempo, holt aber nicht ganz zum Schnitt der Eurozone auf.

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Wien/Athen – In Österreich bleibt mittelfristig vieles wie es ist. Aus ökonomischer Sicht kein Grund zum Jubeln, wie Helmut Hofer, Experte am Institut für Höhere Studien (IHS) lapidar konstatiert. In der neuen mittelfristigen Konjunkturprognose von 2015 bis 2019 sieht das IHS für Österreich ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 1,6 Prozent pro Jahr voraus. In der Eurozone soll es im Vergleichszeitraum bei immerhin 1,8 Prozent liegen. Verglichen mit der Mittelfrist-Progrnose aus dem Vorjahr wurde damit die Erwartung für Österreich noch einmal gestutzt – und zwar um einen Viertelprozentpunkt.

Einen kleinen Lichtblick gibt es aber doch. Mit den 1,6 Prozent fällt das Wachstum immerhin um rund 0,4 Prozentpunkte stärker aus, als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Beschleunigung erfolgt nach Einschätzung des IHS schrittweise – auf einen Turbo wartet Österreich vergeblich: Ausgehend von 0,7 Prozent und 1,8 Prozent in den Jahren 2015 und 2015 erwartet das IHS für den restlichen Prognosezeitraum bis 2019 jeweils Wachstumsraten von gut 1,75 Prozent. "2017 werden wir wohl an der Zwei-Prozent-Marke kratzen", hofft Hofer.

Keine Entspannung am Arbeitsmarkt

Für den Arbeitsmarkt bedeutet dieser Ausblick keine Entspannung: "Er bleibt ein großes Problemfeld", so Hofer. Das Beschäftigungswachstum verortet er bei einem Prozent. Weil aber weiterhin mehr Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt strömen als neue Jobs entstehen, bleibt auch die Arbeitslosigkeit hoch, und das über Jahre. Optimistisch gerechnet – also vorausgesetzt die die Konjunktur beschleunigt sich im prognostizierten Ausmaß – geht die Quote im Jahr 2019 nur auf 8,75 Prozent zurück. Nächstes Jahr rechnet das IHS gar mit 9,1 Prozent.

Für Österreich hält der IHS-Forscher nun – wie andere auch – ein "Offensivprogramm" zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes für angesagt. Es liege viel am Tisch, werde viel diskutiert, aber "hierzulande dauert alles zu lange". Die Steuerreform sei der erste Schritt gewesen. Insgesamt hält Hofer nun aber mehr Flexibilität für notwendig "vielleicht auch bei der Arbeitszeit", wenn auch eine "generelle Arbeitszeitverkürzung nicht besonders sinnvoll" sei – vor allem nicht mit vollem Lohnausgleich, denn das mache den Faktor Arbeit teurer. Und ein Bündel an weiteren Schritten – mehr oder weniger bekannt. Stärkung der Grundlagenforschung, Senkung der Lohnnebenkosten, Ausbau der frühkindlichen Förderung. Viele der Arbeitslosen hätten nur einen Pflichtschulabschluss. "Das ist wie vor zwanzig Jahren – erschreckend".

Chinas Wachstum geht zurück

Der IHS-Prognose liegt die Annahme einer moderaten Belebung der Weltkonjunktur zugrunde. Das IHS geht hier davon aus, dass das Wachstum im Gegensatz zur jüngeren Vergangenheit im Prognosezeitraum von den Industriestaaten getragen wird. Die Dynamik in den Schwellenländern werde sich hingegen abschwächen. Die US-Wirtschaft befinde sich weiter auf einem stabilen Wachstumspfad und sollte im Prognosezeitraum ein Durchschnittswachstum von 2,5 Prozent erreichen.

In China dürfte sich die Tendenz zur Verlangsamung des Wachstums fortsetzen – auf ein Plus von rund 6,25 Prozent. Das IHS geht beim Rohölpreis von im Schnitt 70 US-Dollar je Barrel aus. Hinsichtlich des Euro-Dollar-Wechselkurses wird ein Wert von 1,10 unterstellt.

Unsicherheiten

Mit der Länge des Prognosezeitraums steigen die Prognoseunsicherheiten. Die Weltwirtschaft bleibe anfällig für Störungen durch geopolitische Entwicklungen und Turbulenzen an den Finanzmärkten. Eine Verschärfung der politischen Krisen wie zwischen der Ukraine und Russland, im Irak oder Syrien könnte die Entwicklung des Welthandels bremsen und wohl auch zu einer Erhöhung der Energiepreise führen.

Die konjunkturellen Auswirkungen eines Staatsbankrotts Griechenlands auf die übrigen Euroländer werden wegen institutioneller Reformen wie der Bankenunion "eher gering" eingeschätzt. Allerdings würde ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten erhöhen und könnte die Erholung in den Peripheriestaaten der Eurozone wegen höherer Risikoaufschläge belasten. (APA/rebu, 22.7.2015)