Sisteron – Das britische Team Sky hat am zweiten Ruhetag der 102. Tour de France erstmals aktuelle Leistungsdaten von Spitzenreiter Christopher Froome veröffentlicht. Teamchef Dave Brailsford präsentierte in Sisteron zusammen mit Coach Tim Kerrison vor gut 80 Journalisten, darunter mehr als zehn Kamerateams, die eigenen Daten zu Froomes Aufsehen erregender Pyrenäen-Klettershow nach La Pierre-Saint-Martin.

Demnach soll der 30-Jährige dort einen Leistungswert von 5,78 Watt pro Kilogramm erreicht haben – weit entfernt von den über sieben Watt, die der französische Sportphysiologe Pierre Sallet errechnet hatte. Alle Athleten, die in der Vergangenheit über 7,0 geschafft haben, seien in Dopingaffären verstrickt gewesen, hatte Sallet in der TV-Sendung "Stade 2" gesagt. "Wenn falsche Daten öffentlich diskutiert werden, dann müssen wir das klarstellen", konterte Brailsford. Sallet sei von einem Körpergewicht von 71 kg ausgegangen, Froome wiegt aber nur 67,5 kg.

Sky ging weiter ins Detail, und Kerrison erklärte anhand einer ausgedruckten Übersicht, Froome habe an besagtem Anstieg eine maximale Herzfrequenz von 174 Pulsschlägen erreicht und sei eine durchschnittliche Trittfrequenz von 97 Umdrehungen pro Minute gefahren. Die Herzfrequenz von Froome habe im Schnitt 158 Schläge pro Minute betragen. Kerrison: "Die Daten bewegen sich im Rahmen der letzten vier Jahre."

Froome und die Teamführung traten ruhig und souverän auf, die polarisierenden Streitigkeiten der vergangenen Tage vor allem mit dem französischen TV-Experten Laurent Jalabert scheinen keine nachdrückliche Wirkung entfaltet zu haben.

Schon nach Etappenende in Gap war Froome forsch den Unterstellungen entgegengetreten und hatte deren Niveau als mittlerweile "befremdlich" eingestuft. Es habe bei den letzten fünf Tour-Gewinnern längst nicht "so einen Aufschrei" um Leistungsdaten gegeben wie bei ihm. "Wir wollen diese wahnsinnigen Spekulationen stoppen", sagte er am Dienstag. Bailsford hatte schon zuvor die Einführung eines "Kraftprofils" für jeden Fahrer vorgeschlagen, in dem die wichtigsten körperlichen Daten aufscheinen.

Edelhelfer Thomas meldet sich vor Alpen fit

Die Offensiven, die seine sportlichen Gegner für die Alpenetappen angekündigt hatten, schienen Froome nicht zu beeindrucken – zumal sich Geraint Thomas, seine wichtigster Helfer, nach seinem spektakulären Sturz fit meldete. Größere Sorge macht dem Briten offenbar, dass sein Körper einmal nicht mitspielen könnte. "An einem schlechten Tag, wenn man zum Beispiel an Unterzuckerung leidet, kannst du viel verlieren", sagte er.

Vorjahressieger Vincenzo Nibali (Astana, +7:47 Minuten) hat Froome eher nicht mehr auf dem Radar, den Angriff des Italieners in der Abfahrt nach Gap empfand er als "nicht kritisch". Der einzige Kontrahent mit Gefahrenpotenzial bleibt für ihn der Kolumbianer Nairo Quintana (Movistar, +3:10). "Sie werden es überall probieren, aber wir sind dafür bereit", sagte er und erwähnte nicht zuletzt das Team Tinkoff-Saxo mit Alberto Contador (+4:04). Der Spanier macht sich noch Hoffnungen. Er fühle sich besser als in den Pyrenäen, sagt er.

Auf dem Dach

Schon am Mittwoch könnten allerdings nahezu alle Spekulationen über den Haufen geworfen werden, bei der Bergankunft auf 1.620 m in Pra-Loup können große Zeitabstände erwartet werden, zumal davor auf dem Col d'Allos (2.250 m) das diesjährige Dach der Tour überquert werden muss. Bis zum Samstag und inklusive des Kletterfinales nach l'Alpe d'Huez folgen weitere vier Prüfungen der Sonderkategorie, drei der ersten und drei der zweiten Kategorie.

Hinauf nach Pra-Loup wurde vor 40 Jahren die Regentschaft des großen Eddy Merckx beendet.

Das alles klingt für Österreichs Debütantentrio Georg Preidler (Giant), Matthias Brändle (IAM) und Marco Haller (Katjuscha), die bisher ordentliche Figur machen konnten, eher bedrohlich. Wobei der Steirer Preidler, der im Verlauf der dritten Pyrenäen-Etappe die Bergwertung auf dem Col de Portet d'Aspet gewann, als Kletterer noch ein reiches Betätigungsfeld hätte. (sid, APA, red, 21.7.2015)

Bild nicht mehr verfügbar.

Flottes Rad für flotten Radler: Detail auf Froomes Rennmaschine.
Foto: ap/dejong