Straßburg – 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind im rechtsmedizinischen Institut von Straßburg Überreste jüdischer NS-Opfer entdeckt worden. Es handle sich um einen Glasbehälter mit Hautfragmenten sowie um zwei Reagenzgläser mit Magen- und Darminhalt, teilte die Stadt am Samstagabend mit. Die Universität hatte die Existenz solcher Präparate noch Anfang des Jahres noch bestritten.

Der Stadtverwaltung zufolge stammen die Überreste von 86 jüdischen NS-Opfern, die 1943 vom Vernichtungslager Auschwitz in das von Nazi-Deutschland annektierte Elsass gebracht worden waren. Dort lehrte der SS-Mann und Anatomieprofessor August Hirt an der damaligen "Reichsuniversität Straßburg".

Menschenexperimente und Anatomiesammlung

Hirt hatte die Menschen von Auschwitz in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof in den Vogesen bringen und dort vergasen lassen, um eine Skelettsammlung für sein anatomisches Institut anzufertigen. In Natzweiler-Struthof wurden von Mai 1941 bis Oktober 1944 etwa 20.000 Menschen ermordet, Hirt forschte vor Ort an menschlichem Gewebe und führte unter anderem grausame Menschenexperimente mit Senfgas durch.

Die Absicht, eine umfangreiche, präparierte Skelettsammlung anzulegen, wurde nicht verwirklicht. Die Leichen der eigens zu diesem Zweck ermordeten Männer und Frauen wurden nach der Befreiung Straßburgs auf dem örtlichen jüdischen Friedhof beigesetzt.

Die nun wiedergefundenen Präparate, von denen einige konkreten Personen zugeordnet werden konnten, fertigte offenbar ein Rechtsmediziner an, der nach der Befreiung durch die Alliierten den Tod der Opfer untersuchte. Sie sollen nun an die jüdische Gemeinde Straßburgs übergeben und ebenfalls auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt werden. (APA, red, 19.7.2015)