Bild nicht mehr verfügbar.

"In Griechenland hat es einen massiven Vertrauensverlust gegeben", sagt Außenminister Sebastian Kurz.

Foto: reuters/Foeger

Wien – Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat die fehlende Solidarität innerhalb Europas bei der Flüchtlingsproblematik kritisiert und eine "ehrliche Diskussion über das Phänomen Flucht" eingefordert. "Es braucht eine Diskussion darüber, wie mit dem Druck der Migration umzugehen ist", sagte Kurz in der Ö1-Radioreihe "Im Journal zu Gast" am Samstag.

In Afrika gebe es "unzählige Menschen, die lieber in Europa leben würden", gleichzeitig werde sich die Zahl der Menschen auf dem Kontinent bis zum Ende des Jahrhunderts von einer auf vier Milliarden vervierfachen. Angesichts dessen müsse Europa über eine bessere Grenzsicherung und den Kampf gegen Schlepperei diskutieren. Und wenn es in Europa weiter keine Solidarität im Umgang mit dem Flüchtlingsstrom gebe, müssen sich Österreich Gedanken darüber machen, warum es attraktiver sei als andere Länder.

Mehr Flüchtlinge in Österreich

Der Minister gab gleichzeitig zu bedenken, dass die Zahl der anerkannten Flüchtlinge in Österreich von 10.000 auf 30.000 steigen werde. Deren Integration sei zwar "eine Riesenherausforderung", aber machbar. Wenn aber die Zahl der Asylwerber, aktuell werden heuer 70.000 Anträge erwartet, noch weiter steige, "braucht es eine ehrliche Diskussion".

Zur Griechenland-Krise sagt Kurz: "Ich hoffe auf positive Überraschungen." Kurz' Begründung für die nüchterne Betrachtung: "In Griechenland hat es einen massiven Vertrauensverlust gegeben", weil Premier Tsipras "sehr lange die europäischen Institutionen hingehalten hat." Jetzt, so Kurz, "gibt's andere Töne, mal sehen ob das so bleibt".

Grexit ein "Szenario"

Der Grexit, also ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, sei nicht nur vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble propagiert worden, sagte Kurz, sondern "natürlich ein Szenario, das durchgedacht worden ist. Derzeit fährt der Zug in eine andere Richtung, aber wenn wir realistisch sind, dann müssen wir sagen: Wir alle wissen nicht, wie es in den nächsten Jahren in Griechenland weitergehen wird."

Kein Termin für Iran-Reise

Was die Perspektiven nach dem erfolgreichen Abschluss der Atomgespräche mit dem Iran in Wien betrifft, ist Kurz optimistischer: "Ich gehe derzeit davon aus, dass der Iran sich an das Abkommen hält – und wenn das nicht der Fall ist, dann werden wir es insbesondere durch die Kontrollmöglichkeiten wesentlich leichter merken, als wir es ohne Abkommen merken würden." Er werde "den Bundespräsidenten im September begleiten bei seiner Iran-Reise", kündigte Kurz an. In der Präsidentschaftskanzlei erklärte man allerdings auf Anfrage, es gebe nach wie vor kein Datum für den lange verschobenen Staatsbesuch von Heinz Fischer in Teheran, nicht einmal der Monat September sei fix. (APA, 18.7.2015)