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Unter den Augen der EU-Außenpolitikbeauftragten Federica Mogherini verabschiedet sich der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif (stehend) von seinem US-Amtskollegen John Kerry. Die beiden haben im vergangenen Jahr viel Zeit miteinander verbracht.

Foto: REUTERS/US State Department

Wien – Wie geht es weiter nach der Einigung auf einen "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA, Gemeinsamer Aktionsplan) zwischen dem Iran und den internationalen Verhandlern am Dienstag in Wien, wie sind die Fristen für die Umsetzung des Deals, und was passiert als Nächstes? In die kommenden Monate, ungefähr bis Jahresende, müssen jedenfalls eine Menge Aktionen gepackt werden – um den "Implementation Day" zu erreichen, an dem die Sanktionen gegen den Iran (mit Ausnahme der Waffensanktionen) fallen.

Zuerst einmal – vielleicht schon nächste Woche – muss der JCPOA durch eine Uno-Sicherheitsratsresolution untermauert werden (unter Kapitel VII Artikel 41, also mit Umsetzungsverpflichtung), und die EU wird entsprechende Ratsschlussfolgerungen verabschieden. Spätestens – es geht auch früher, wenn alle das wollen – neunzig Tage nach der Resolution kommt der "Adoption Day". Da beginnt die Umsetzung der diversen Vereinbarungen zu laufen, teilweise werden Maßnahmen getroffen, die erst am "Implementation Day" in Kraft treten werden: Für den Iran wäre das etwa die Anwendung der Inspektionsbedingungen des "Additional Protocol", für die EU und die USA Sanktionsaufhebungen.

Roadmap für "offene Fragen"

Der "Implementation Day", an dem der JCPOA wirklich zu laufen beginnt, kann aber nur stattfinden, wenn die ebenfalls am Dienstag unterzeichnete "Roadmap"-Vereinbarung zwischen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und dem Iran realisiert ist. Darin verpflichtet sich der Iran, den im November 2013 begonnenen Kooperationsprozess mit der IAEA abzuschließen und Antworten auf alle offenen Fragen zu liefern. Das wären vor allem die sogenannten PMDs – Possible Military Dimensions, Hinweise darauf, dass sich der Iran in der Vergangenheit auch mit militärischer Atomforschung befasst hat.

Der Zeitplan ist ziemlich eng: Bis 15. August liefert der Iran die Antworten, bis 15. September werden diese von der IAEA ausgewertet (und gegebenenfalls nachgebohrt – möglicher Konfliktstoff). Was die Militäranlage Parchin betrifft, die die IAEA inspizieren will, so gibt es ein "Spezialarrangement", viel mehr ist darüber nicht öffentlich. Mitte Oktober soll dieser Prozess abgeschlossen sein, Mitte Dezember soll der IAEA-Generaldirektor seinen Abschlussbericht liefern.

Wichtige Rolle der IAEA

Wie bereits am Beginn des Verhandlungsprozesses im Herbst 2013, so wurden auch diesmal die PMDs aus dem Verhandlungsprozess zwischen Iran und E3/EU+3 (EU-Länder Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die EU plus die drei weiteren Uno-Vetomächte USA, Russland und China) herausgehalten. Die Frage ist der IAEA anvertraut, die damit eine entscheidende Rolle als Hüterin des Atomwaffensperrvertrags in dem Prozess erhält. Aber es ist sichergestellt, dass es ohne Lösung dieser Fragen nicht geht – sie bleiben ein möglicher Spoiler.

Um den "Implementation Day" auszulösen, muss die IAEA weiters die vom JCPOA beschriebenen Maßnahmen in den diversen iranischen Atomanlagen bestätigen, die die Beschränkung der Programme in den darauffolgenden Jahren gewährleisten.

Strenge Beschränkungen

Diese Beschränkungen sind phasiert, der Zeitrahmen für die völlige Rückkehr des Iran in alle atomaren Rechte beträgt bis zu 25 Jahre. 15 Jahre gelten strenge Beschränkungen für Urananreicherung (nur bis zu 3,67 Prozent), die Bestände von angereichertem Uran und die Benützung von Anlagen. Allerdings wird acht Jahre nach dem "Adoption Day" der "Transition Day", an dem das Auslaufen beginnt, erreicht werden – oder sogar noch früher, wenn die IAEA eine "Broader Conclusion" ausstellt. Das ist sozusagen die Bestnote, die die IAEA einem Land geben kann, um zu bescheinigen, dass sein nukleares Material nur für zivile Zwecke eingesetzt wird (und dazu muss auch ein besonders striktes Inspektionsregime in Kraft sein).

Laut JCPOA verpflichten sich alle Beteiligten "freiwillig" – soweit man das von Maßnahmen sagen kann, die von einer Sicherheitsratsresolution untermauert werden. Dem Iran werden bei allen Vorgaben aber auch Zuckerln über die Sanktionsaufhebung hinaus in Aussicht gestellt – weitreichende Forschungskooperationen auch im nuklearen Bereich etwa.

Es gibt einen mehrstufigen Streitschlichtungsmechanismus: eine gemeinsame Kommission, die den Fall auf Ministerebene verweisen kann, von dort kann er zu einem ad hoc kreierten dreiköpfigen Rat wandern. Danach käme der Sicherheitsrat zum Zug, und zwar, indem er über eine Verlängerung der Sanktionsaufhebung (sic!) abstimmt. Wenn die Resolution nicht innerhalb von 30 Tagen durchgeht, treten die alten Sanktionsresolutionen wieder in Kraft: das berühmte "snap back", ohne neue Resolution. Das hoffentlich nie eintreten wird – denn dann wird der Iran ebenfalls aufhören, seine Verpflichtungen unter dem JCPOA einzuhalten. (Gudrun Harrer, 15.7.2015)